Clemens Kanthak begleitet den Umbau des Ludwigsburger Marstallcenters schon seit zweieinhalb Jahren. Mit der Öffnung des Einkaufsmarkts zum Monatsende ist seine Arbeit fast abgeschlossen.

Ludwigsburg - Während des Umbaus am Marstallcenter sind alle Fäden bei Clemens Kanthak zusammengelaufen. Der Projektmanager der Investorengesellschaft ECE musste mit skeptischen Brandschutzexperten verhandeln, die unterschiedlichsten Bautrupps dirigieren und genervte Anwohner befrieden. Von Ludwigsburg hat er kaum mehr als die Außengastronomie schätzen gelernt.
Herr Kanthak, „wenn es am schönsten ist, soll man gehen“. Ist das Ihr Lebensmotto?
(Lacht) Ich arbeite jetzt seit über zwei Jahren an dem Projekt Marstallcenter – und immer auf diesen Eröffnungstag hin. Dann ist es schon so, dass man in ein kleines Loch fällt, wenn die Tür aufgeht.
Wenn sich alle Beteiligten auf die Eröffnung freuen, ist für Sie der Fall erledigt?
Die Freude beim Bauen ist, dass man sieht, was man gemacht hat. Und da ich das Marstallcenter ja noch kenne, wie es im alten Betrieb war mit drei Läden, dann ist es schon erfreulich zu sehen, wie das jetzt aussieht. Der schönste Moment ist für mich am Abend vor der Eröffnung: da gehe ich noch einmal in Ruhe durch das Center und denke darüber nach, wie das alles verlaufen ist.
Ein kleiner Luxus, den Sie sich gönnen?
Ja. das habe ich bei den beiden Centern, die ich davor betreut habe, auch so gemacht.
Wann ist definitiv Schluss für Sie?
Es gibt noch Nacharbeiten. Bis zum Jahresende bin ich sicher noch regelmäßig hier.
Wo gehen Sie danach hin?
Ich werde mich erst mal für ein halbes Jahr meiner kleinen Tochter widmen: ich habe von Januar 2016 an Elternzeit.
Wie alt ist das Baby?
Sie ist im Juni geboren.
Sehr familienfreundlich ist Ihr Beruf nicht. Oder zieht die Familie immer mit?
Nein, bei Projekten, die in der Ausbauphase ein- bis zweieinhalb Jahre dauern, kann man das niemandem zumuten. Mein Lebensmittelpunkt ist Hamburg. Das heißt auch, solange ich hier bin, kann ich mich voll auf die Arbeit konzentrieren. Wenn man eh nicht nach Hause kommt, fällt es etwas leichter, am Schreibtisch zu bleiben.
Die Wochenenden sind immer frei?
Ja, zwei Tage abschalten, das muss schon sein. Ich habe auch in Hamburg noch ein Büro, da bin ich montags und freitags.
Was haben Sie in den zwei Jahren hier von Ludwigsburg mitbekommen?
Ich habe einmal an der Schlossführung teilgenommen, und ich habe im Sommer die tolle Außengastronomie schätzen gelernt. Von den Leuten habe ich insofern etwas mitbekommen, als wir hier 200 Wohnungen über der Ladenpassage haben. Mit denen hatte ich viel Kontakt. Ansonsten ist es tatsächlich so, dass man von seinem Hotel zur Baustelle geht und wieder zurück.
Also eher kein Kontakt?
Eine Besonderheit hier ist der Umgang mit den Behörden. Die sind alle sehr engagiert und zuvorkommend. Das ist ein echtes Zusammenarbeiten, alle haben im Blick, dass man hier das Center revitalisieren will.
Das haben Sie auch schon anders erlebt?
Ja, allerdings.
Macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie auf einer Baustelle in einer Altstadt oder in einem Gewerbegebiet tätig sind?
Bauen mitten in der Altstadt bringt vor allem viele logistische Problem für die Bauunternehmen. Für mich persönlich ist aber ausschlaggebender, dass wir eine Großbaustelle haben mit 200 Wohnungen darüber. Da waren viele Abstimmungen nötig, die Belastung für die Bewohner war sehr hoch.
Vor allem der Lärm war enorm.
Lärm und Staub, ja. Wir haben am 1. Dezember 2013 hier angefangen. Das ist einfach der Bauaufgabe geschuldet, dass es eine Vielzahl an Schnittstellen gibt. Wir sind sehr dankbar, dass die Anwohner da mitgezogen haben. Sie waren bereit, vieles hinzunehmen, weil sie überzeugt waren, dass hier etwas getan werden musste.
War es für Sie der erste Umbau im Bestand?
Nein. Mein voriges Projekt war ein Center in Kassel – auch im Bestand.
War das vergleichbar?
Nein. Das hatte nur ein Viertel von der Größe des Marstall. Man muss sich klarmachen, wir haben hier in Ludwigsburg allein über 100 statische Eingriffe vorgenommen: das geht von Deckenöffnungen bis zu Aufzugsschächten.
Die Baustelle war nur schwer zugänglich.
Ja, angefangen damit, dass wir nicht wie üblich mit dem Kran von oben her zugreifen konnten. Wir mussten immer wieder Umwege in Kauf nehmen, weil wir nicht in der üblichen Taktbauweise vorgehen konnten. Das führte dazu, dass alles wesentlich länger gedauert hat.
Gab es viele Überraschungen in dem Altbau?
Es gab viele Situationen, in denen man rasch Entscheidungen treffen musste. Bei einem Neubau baust du das alles einfach neu. Aber wir hatten mit Züblin ein renommiertes Unternehmen, das auch für so etwas aufgestellt ist.
Gab es Probleme, bei denen Sie erst einmal viele Beteiligte zusammentrommeln mussten, um die zu lösen?
Na ja, zum Beispiel bei den Fragen nach den Fluchtwegen. Wenn der Abstand zwischen zwei Wänden 2 Meter breit sein sollte, aber nur 1,80 Meter breit ist. Da kann ich nicht zwei Wände einreißen, da müssen Lösungen her. Da ist immer Abstimmung mit der Brandschutzbehörde und der Feuerwehr nötig gewesen. Das Haus ist 1974 gebaut worden, da galten noch ganz andere Bestimmungen als heute.
Jetzt befinden Sie sich im Endspurt, ist damit alles Knifflige ausgestanden?
Nein, die letzten Wochen sind die lehrreichsten. Da sieht man noch einmal deutlich, was man vorher hätte machen sollen. Jeder Bauleiter entwickelt daraus Steckenpferde für die Zukunft, damit ihm bestimmte Dinge nicht noch mal passieren.
Was wird künftig Ihr Steckenpferd sein?
Oh, das Ganze mit dem Bestandsbau. Man darf nicht warten, bis ein Problem aufploppt. Es gibt so viele Entscheidungen in der Grauzone, die der Bauleiter in Ja-Nein-Fragen verwandeln muss.
Sie dürfen niemand auf den Schlips treten.
Ja, natürlich. Für manchen ist es schon schwierig, dass einer kommt, der kaum 30 Jahre alt ist, während sie den Job schon 30 Jahre lang machen.
Haben Sie stets den richtigen Ton getroffen?
Na ja, mehr oder weniger. Entscheidend ist, dass wir am 30. September das Haus eröffnen können. Die Kunden sollen von alldem gar nichts mitbekommen. Die sollen sich wohlfühlen und dann wiederkommen.