Geprüft und für gut befunden: Die Kontaktstellen Frau und Beruf sind von einem Gutachter bewertet worden. 1200 Beratungen in Ludwigsburg.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Ludwigsburg - Im Beruf sind Frauen offenbar noch nicht weit vorangekommen. Anke Wiest beschäftigt sich jedenfalls seit fast 20 Jahren mit denselben Themen: kaum weibliche Führungskräfte, kaum Mädchen in technischen Berufen. „Zugenommen hat nur die Zahl der Frauen in geringfügigen Beschäftigungen“, sagt die Leiterin der Ludwigsburger Kontaktstelle Frau und Beruf. Also in Jobs, die wenig Geld bringen und keinen Versicherungsschutz. Man kann demnach sagen, dass die Beratungsstelle heute so dringend gebraucht wird wie zu ihrer Gründung 1989. Dafür gab es nun eine Bestätigung: Laut einer neuen Studie bewerten 84 Prozent der Nutzerinnen das Angebot als sehr gut bis gut.

 

Der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hat jüngst die Arbeit der landesweit zehn Kontaktstellen Frau und Beruf von einem Gutachter bewerten lassen. Knapp 89 Prozent der Nutzerinnen würden die Einrichtung weiterempfehlen, kam dabei außerdem heraus. Und dass die Mehrheit der Frauen nach der Beratung aktiv geworden sei. Sie schrieben beispielsweise Bewerbungen, gingen auf Stellensuche und hatten Vorstellungsgespräche. Auch mehr als 86 Prozent der Kooperationspartner wie die Agentur für Arbeit oder Unternehmen bewerteten das Angebot mit sehr gut bis gut. Bei diesem Ergebnis sicherte der Minister natürlich den Bestand des Programms zu. Die Kontaktstellen wurden zunächst vom Bund finanziell unterstützt, seit 1994 gibt das Land jährlich rund eine Million Euro. Die beiden Ludwigsburger Beraterinnen sind bei der Stadt angestellt.

Alte Zielgruppe neu entdeckt

Wiedereinsteigerinnen und Beratung für Unternehmen sollten sich die Kontaktstellen als zukünftige Schwerpunkte vornehmen, empfiehlt der Gutachter, und das wünscht sich Nils Schmid nun. „Die Politik tut so, als hätte sie diese Zielgruppe neu entdeckt“, sagt Anke Wiest und lacht. Dabei waren genau diese Frauen der Gründungsgrund für die Ludwigsburger Einrichtung, die ursprünglich „Beratungsstelle für die berufliche Wiedereingliederung“ hieß. Ihre Kollegin Nicole Funke hat vergangenes Jahr das Kompetenznetzwerk Wiedereinstieg aufgebaut. Die Workshopreihe zu Themen wie Berufsfindung, Selbstsicherheit und Bewerbung läuft in Ludwigsburg und Sachsenheim.

Zwischen einem und 20 Jahren haben die Frauen, die die Kontaktstelle aufsuchen, der Familienphase gewidmet. Anders als bei der Agentur für Arbeit, wo es um tatsächliche Vermittlung geht, ist die Beratung in der Kontaktstelle viel breiter angelegt. Die Frauen müssten sich meistens erst einmal orientieren, erklärt Anke Wiest. 1200 Beratungen haben sie und Nicole Funke im Jahr 2011 laut Gutachten absolviert. Dazu zählten 250 Einzelberatungen sowie viele Workshops und Vorträge, Auftritte bei Messen und Infoveranstaltungen. Dabei geht es nicht nur um den Wiedereinstieg, sondern auch um den Übergang von Schule zu Beruf, um Existenzgründerinnen oder um Frauenkarrieren. Und allein ein Viertel ihrer Kundschaft machen Migrantinnen aus.

Die Fragen und Probleme sind die gleichen geblieben

„Dass wir so gut nachgefragt werden, ist das Ergebnis harter Arbeit“, sagt die 47-jährige Wiest, die seit 1995 in der Position arbeitet. Aber viel verändert hat sich ihrer Meinung nach seither eben nicht. Die Fragen und Probleme der Frauen seien die gleichen geblieben. Was sich zum Positiven verändert hat, ist die Gesetzeslage – etwa mehr Anspruch auf Teilzeit. Und bei den Frauen sei das Bewusstsein gestiegen, dass das Berufsleben nach der Familienphase weitergehe. „Manche kommen bereits in der Schwangerschaft zu uns“, berichtet Anke Wiest.