Die 1758 gegründete Porzellanmanufaktur in Ludwigsburg steht kurz vor der Pleite, jetzt ruhen alle Hoffnungen auf dem Insolvenzverwalter. In der Vergangenheit liefen alle Umstrukturierungen ins Leere.

- Nach mehreren schweren Krisen droht einem der traditionsreichsten Betriebe in Ludwigsburg nun endgültig das Aus: die Ludwigsburger Schlossmanufaktur und die dazugehörige Produktionsgesellschaft in Lichte (Thüringen) stehen vor der Zahlungsunfähigkeit. Am vergangenen Freitag habe er Insolvenz angemeldet, bestätigt der Manufaktur-Geschäftsführer Maxim Gennel gegenüber unserer Zeitung. Fünf von 20 Mitarbeitern der Weißproduktion in Lichte sei bereits gekündigt worden. Etwas besser sei die Situation in Ludwigsburg, wo sechs Mitarbeiter das Porzellan veredeln, bemalen und verkaufen. Diese Geschäftstätigkeit werde bis auf Weiteres „vollumfänglich aufrecht erhalten“, versichert Gennel. „Auch die Verkaufsstellen bleiben besetzt.“

 

Alle Hoffnung ruht nun auf dem Insolvenzverwalter, dem Stuttgarter Rechtsanwalt Stephan Rüdlin, der in den kommenden Wochen ein Fortführungskonzept erarbeiten wird. Rüdlin hat sich bereits am Montag einen groben Überblick verschafft. Für Aussagen zum Zustand des Unternehmens oder für Prognosen sei es indes viel zu früh, sagt seine Sprecherin Stephanie Denzler. Sie könne lediglich bestätigen, dass die Gehaltszahlungen für die sechs Mitarbeiter in Ludwigsburg bis mindestens Mai gesichert seien – auch Dank des Insolvenzgelds. Nach deutschem Recht erhalten Arbeitnehmer, wenn ihr Arbeitgeber Insolvenz anmeldet, vorübergehend finanzielle Unterstützung von der Bundesagentur für Arbeit.

Gennel ist überzeugt, dass die Manufaktur auch langfristig am Leben gehalten werden kann. Nach der Insolvenz hat der Geschäftsführer nur noch eine eingeschränkte Verfügungsgewalt, das heißt, er muss alle Entscheidungen mit dem Insolvenzverwalter abstimmen. Die Gründe für die drohende Pleite seien vielschichtig, sagt Gennel, aber die Lage sei keinesfalls hoffnungslos. Die Manufaktur könne alle laufenden Kosten decken, leide aber unter finanziellen Altlasten und habe vor allem aus diesem Grund eine Liquiditätslücke.

Gennel nennt nur wenige Details, aber dass die am 5. April 1758 von Herzog Carl Eugen von Württemberg als Porcelaine-Fabrique gegründete Manufaktur in Schwierigkeiten steckt, ist lange bekannt. Der Markt für Porzellan sei insgesamt deutlich schwieriger geworden, sagt Gennel. Kürzlich sei zudem ein bedeutender Kunde abgesprungen, der zuvor „für eine große Auslastung in Lichte gesorgt hat und nicht zu ersetzen ist.“ Dies sei die Ursache für die Insolvenz in Thüringen. „Und ohne die Produktion in Lichte haben wir eine Versorgungslücke, die es erschwert, die Manufaktur in Ludwigsburg weiter zu betreiben.“ Zumal auch die russischen Investoren, die in den vergangenen Jahren die Finanzierung der Manufaktur sicher stellten, offenbar kein Geld mehr nachschießen wollen. „Über die genauen Gründe möchte ich nicht sprechen“, sagt Gennel.

Bis 2004 gehörte die Porzellanmanufaktur zu großen Teilen dem Land Baden-Württemberg, der Stadt Ludwigsburg und Carl Herzog von Württemberg, schon damals war das Ludwigsburger Porzellan ein Zuschussgeschäft. Dann übernahm ein Luxusgüterhersteller 87,5 Prozent des Unternehmens, die restlichen Anteile blieben bei der Stadt. Doch die neuen Eigentümer gingen pleite, und die Porzellannanufaktur musste zum ersten Mal Insolvenz anmelden. 2009 übernahmen russische Investoren das Unternehmen, das seither unter dem neuen Namen Schlossmanufaktur und mit Gennel an der Spitze weiter geführt wird.

Die Stadt hält inzwischen keine Anteile mehr, hat aber gemeinsam mit dem Land Lizenzrechte an das Unternehmen vergeben, damit weiterhin Ludwigsburger Porzellan produziert werden kann – was für die Barockstadt durchaus einen Imagefaktor darstellt. Eher schädlich fürs Image waren dann aber die juristischen Auseindersetzungen zwischen Gennel und der Stadt wegen nicht gezahlter Lizenzgebühren, die schließlich in einem Vergleich mündeten.

Unpopulär war auch Gennels Entscheidung, die Weißproduktion, also die Herstellung von unbemalter Ware, nach Lichte zu verlagern. Zumal die dortige Firma ebenfalls Insolvenz anmelden und schon 2012 neu aufgestellt werden musste.

Genutzt hat all das nichts. Man bedauere die Entwicklung, erklärte das Blühende Barock (Blüba) am Dienstag in einer ersten Stellungnahme. Das Blüba verwaltet im Auftrag von Stadt und Land die Lizenzrechte für das Ludwigsburger Porzellan und betont: „Die Lizenzgeber haben alle notwendigen Schritte unternommen, um die Originalmuster und Formen zu sichern, damit auch in Zukunft Ludwigsburger Porzellan produziert werden kann.“ Nun bleibe abzuwarten, zu welchen Ergebnissen der Insolvenzverwalter komme.

Dieser wird sich in frühestens zwei Wochen zu den Zukunftsperspektiven der Manufaktur äußern. Erst dann wird sich erweisen, ob der Optimismus von Maxim Gennel gut begründet ist oder seine Aussagen reine Durchhalteparolen sind. „Mittelfristig ist alles wieder korrigierbar“, sagt der Geschäftsführer. Grundsätzlich habe das Konzept für die Manufaktur in „vielerlei Hinsicht gut funktioniert“, es seien eben „immer wieder einzelne Probleme aufgetaucht“. Auch für die Weißproduktion gebe es Alternativen, etwa die Fortführung in Lichte selbst oder an einem anderen Standort. Dass eine der Alternativen die Schließung ist, sagt Gennel nicht.

Wird es in einem Jahr noch eine Ludwigsburger Schlossmanufaktur geben? „Ja, da bin ich mir relativ sicher“, sagt er.