Die Stuttgarter Straßenbahnen würden gerne die Stadtbahn durch Ludwigsburg betreiben. Aber es gibt noch heftige Widerstände.
Ludwigsburg - Lieber den Spatz in der Hand? Oder lieber die Taube auf dem Dach? Vor diese Wahl sehen sich jetzt viele Ludwigsburger Stadt- und Kreisräte gestellt. Bei einer internen Veranstaltung im Landratsamt hat die Ludwigsburger Kreisverwaltung für die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) als Betreiber der Stadtbahn von Markgröningen über Ludwigsburg bis Remseck geworben. Allein: bisher galt die SSB wegen ihrer sperrigen Hochbahnsteige in Ludwigsburg als indiskutabel.
Die Gründe für den neuen Anlauf des Landrats sind ebenso simpel wie schlagkräftig. Einerseits brächte die SSB allein durch ihre schiere Größe Vorteile bei den Betriebskosten. Zum Beispiel müsste kein Betriebshof gebaut werden – ein Thema, bei dem der Kreis mit der Strohgäubahn zurzeit böse Überraschungen erlebt. Ersatzzüge müssten nicht selbst angeschafft werden, weil die SSB bereits über einen Pool an Zügen verfügt. Und das stärkste Argument der Stuttgarter: sie können die Stadtbahn stückweise realisieren. Als ersten Schritt plant die SSB schon jetzt eine Verlängerung der Linie U 14 von Aldingen bis Pattonville.
„Ich kann mir das nicht vorstellen“
„Wir sind eigentlich immer noch auf eine Stadtbahn mit Niederflur-Technik eingestellt“, sagt der Ludwigsburger Baubürgermeister und CDU-Kreisrat Hans Schmid. Allerdings habe die SSB momentan „ein bisschen das Näschen vorn“. Wenn sie sowieso bis Pattonville fahre, dann könne man diesen Ast auch gleich bis zum Ludwigsburger Bahnhof fortsetzen. Aber für die Linie durch die Innenstadt kämen die Hochbahnsteige aus seiner Sicht nicht in Frage. „Ich kann mir das bis heute auf der Wilhelmstraße nicht vorstellen“, sagt der Baubürgermeister.
Die Ludwigsburger SPD-Stadt- und Kreisrätin Margit Liepins steht der Stadtbahn grundsätzlich positiv gegenüber. Dennoch zählt sie in Sachen SSB zu den Skeptikern. Hochbahnsteige seien für die Strecke bis zum Bahnhof und von dort bis Möglingen und Markgröningen kein Problem. Aber zu einer Stadtbahn gehöre auch eine Anbindung von Innenstadt, Blühendem Barock und Krankenhaus. „Und dort würden wir dem Stadtbild mit den SSB-Bahnsteigen nichts Gutes tun“, sagt Liepins. Die planerischen, zeitlichen und finanziellen Probleme bei der Strohgäubahn hätten sie zudem aufgeschreckt.
Der Minister hegt große Sympathie
Ein Gutachten für bis zu 200 000 Euro soll jetzt klären, ob niedrige oder hohe Bahnsteige die bessere – und vor allem billigere – Lösung sind. Der Landrat Rainer Haas glaubt, dass das SSB-Paket Vorteile hat. „Der städtebaulich heikle Streckenabschnitt ist sehr kurz.“ Wenn das Gutachten einem oder beiden Modellen einen positiven Kosten-Nutzen-Faktor bescheinige, sei das Land am Zug. „Wir können nämlich nicht einfach 170 Millionen Euro auf den Tisch legen.“ In diesem Punkt sei er aber optimistisch, verrät Haas. Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Herrmann (Grüne) habe ihm in einem Vier-Augen-Gespräch „große Sympathie für unser Projekt“ signalisiert.
Fundamentalkritiker wie Klaus Herrmann (CDU) kann das freilich alles nicht überzeugen. Eine Anbindung von Pattonville sei zwar sinnvoll. Aber die Fortsetzung der Bahn bis Ludwigsburg bringe „riesengroße Folgekosten für den Steuerzahler“, egal, ob der Kreis oder das Land den Löwenanteil bezahle. Ein Teil des gut funktionierenden Busnetzes in der Stadt müsse wegen der Bahn abgebaut werden. Das bringe für viele Bürger weitere Fußwege zu den Haltestellen. Für all jene, die dem Projekt noch offen gegenüber stehen, gibt es am 11. Oktober einen Ausflug. Die SSB will den verantwortlichen Politikern zeigen, wie sie in Stuttgart, etwa an der Haltestelle Badstraße in Cannstatt, das Hochflurproblem geregelt hat. Der Ludwigsburger Baubürgermeister Schmid ist allerdings skeptisch: „Die Absenkung ist städtebaulich auch nicht das Gelbe vom Ei.“