Zwei Studenten der Filmakademie haben eine TV-Serie über einen iranischen Arzt entworfen, der ohne Arbeitserlaubnis in einem Flüchtlingsheim praktiziert. Jetzt ist „Dr. Illegal“ in Brüssel ausgezeichnet worden.

Ludwigsburg - Der Film beginnt mit einer Enttäuschung: Omid Afarid, ein Chirurg aus Teheran, sitzt vor den Mitarbeitern der Ausländerbehörde wie vor einem Tribunal. Eigentlich ist alles schon geregelt, freudig erwartet Afarid seine Erlaubnis, künftig auch in Deutschland als Arzt praktizieren zu dürfen. Doch dann fällt einem Beamten etwas auf: „In Ihren Unterlagen fehlt das Führungszeugnis.“ Da solle er doch bei seiner Botschaft nachhaken. Da er aber politischer Flüchtling ist, wird die ihm ganz bestimmt nicht weiterhelfen. So verhindert ein Stück Papier, dass der Familienvater seine Frau und seine Kinder versorgen kann. Desillusioniert geht Afarid zurück zu seiner Familie – über den Arsenalplatz in Ludwigsburg.

 

Der halbstündige Pilot wurde komplett in der Barockstadt gedreht. Es ist ein Projekt der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, federführend waren die beiden Studenten Jan Galli und Martin Rohé. In der vergangenen Woche gewannen sie in Brüssel für „Dr. Illegal“ den Civis Medienpreis für gesellschaftliche Integration, bei dem der Europaparlamentspräsident Martin Schulz der Schirmherr ist. In der Jurybeschreibung heißt es: „Asylbewerber nicht als Opfer – spannend, atmosphärisch dicht, mit großartigen Schauspielern. Identifikation auf Augenhöhe.“

Die Abschiebung als Gefahr im Nacken

Galli und Rohé haben etwas versucht, was nur schwer vorstellbar ist: „Wir wollten, dass man gerne in das Asylbewerberheim von Omid geht“, sagt der Drehbuchautor Galli. Mit viel Liebe zum Detail zeigt der Pilotfilm, wie die Asylbewerber Mangel und Leerlauf mit Witz und Lebenslust begegnen. Der Chirurg Afarid beginnt, auf eigene Faust und ohne Erlaubnis, Flüchtlinge zu behandeln, stets mit der Gefahr im Nacken, dass er und seine Familie abgeschoben werden, sollte der argwöhnische Mitarbeiter der Ausländerbehörde, Richard Lohmayer, gespielt von Benno Fürmann, ihn erwischen.

Im September 2012 lernten sich Galli und Rohé im Rahmen eines Serien-Seminars an der Filmakademie kennen. „Wir wollten etwas machen, wo Menschen mit verschiedenen Sprachen auf engstem Raum zusammen leben“, erzählt Galli. Schnell sei man beim Flüchtlings-Thema gewesen. Für die Recherche besuchten sie Flüchtlingsheime in ganz Deutschland und hörten Asylbewerbern zu, die ihnen ihre Geschichte erzählten. „Da merkten wir erst, was für ein wahnsinnig ungerechtes System das ist“, sagt der Produzent Rohé. Oft bestehe das Dasein nur auf das Warten auf den nächsten Bescheid der Behörden.

Kein erhobener Zeigefinger

Schnell kamen sie zur Erkenntnis: „Man darf sich von den großen Hürden nicht abschrecken lassen und muss kleine Schritte in Richtung Normalität gehen“, sagt Rohé. Der Untertitel des Pilotfilms lautet: „Gib einem Hungrigen keinen Fisch, gib ihm eine Angel.“ Als Regisseur konnten sie den Iraner Hadi Khanjanpour gewinnen – ebenfalls ein Flüchtling. Baden-Württembergs Sozialministerin Karin Altpeter (SPD) lobte das Projekt: Es sei ein Film über die „Unsichtbaren der Gesellschaft“.

Die TV-Serie sollte den Alltag der Flüchtlinge sichtbar machen, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern lebendig und zum Teil auch mit Witz. Vorbild dabei sei beispielsweise Robert Altmans „Mash“. „Es soll unterhalten, aber wenn man dabei noch etwas lernt, ist es super“, fasst Rohé das Konzept zusammen. Doch bei den TV-Sendern fiel das Konzept erst mal durch. „Viele haben gefragt: Warum macht ihr keinen Krimi?“, sagt Galli. Arztserien seien in Deutschland derzeit nicht mehr so gefragt. Jetzt wollen der Drehbuchautor und Produzent, beide frisch diplomiert, aus dem Stoff einen Spielfilm produzieren. Das Serienkonzept haben die beiden dennoch nicht aufgegeben. „Wir planen einen neuen Anlauf mit neuem Konzept“, sagt Galli. Mehr will er aber noch nicht verraten.