Die Städte und Gemeinden dürfen sich mit der Umstellung auf die neue Buchführung vier Jahre länger Zeit lassen.

Ludwigsburg - Äußerlich betrachtet ist Klaus Warthon nur einer von 39 Rathauschefs im Kreis Ludwigsburg. Doch beim jüngsten Treff der Bürgermeister war der Benninger Verwaltungsmann am Mittwoch etwas Besonderes. Er war der gut informierte Kontaktmann, den die Kollegen fragten, wie es weitergehe mit der Haushaltsführung der Städte und Gemeinden.

 

Da Warthon just jenes Thema als Dozent für Haushaltsrecht an der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg intensiv verfolgt, konnte er vielen Kollegen der kleineren Gemeinden die schlechte Botschaft persönlich beibringen. Sie lautet: die Hoffnungen der Kämmerer, ihr altes Haushaltsrecht, die Kameralistik, beibehalten zu dürfen, hat sich zerschlagen. So hat es das grün-rote Landeskabinett am Dienstag beschlossen.

Doppik: zu teuer, um sie zu verwerfen

Zwar dürfen die Städte und Gemeinden sich mit der Umstellung auf die kaufmännische Buchführung, die Doppik, nun bis 2020, vier Jahre länger als geplant, Zeit lassen, doch ein Wahlrecht zwischen beiden Systemen, wie es die grün-rote Regierung im Koalitionsvertrag angekündigt hatte, wird es nicht geben. Es werde „ein einheitliches Modell angestrebt“, heißt es nun.

Dieses Modell wird mit Sicherheit nicht die Kameralistik sein. Zu groß waren die Kosten für die bislang rund 80 Städte und Gemeinden sowie die mehr als 20 Kreise im Land, die bereits auf die Doppik umgestellt haben. Zum Beispiel Vaihingen: 150 000 Euro für die Software, dazu sechs bis sieben Vollzeitstellen habe es gekostet, um die Einnahmen und Ausgaben von diesem Jahr an nach kaufmännischem Vorbild abzurechnen, schätzt der Oberbürgermeister Gerd Maisch. Die Bilanz des Modells fällt für ihn verheerend aus: „Das kamerale System hat die Aufgabenstellung der Kommunen viel besser abgebildet.“

Umstellung kostet halbe Million

Auch in Bietigheim-Bissingen kommt die Nachricht über eine Fristverlängerung zu spät. Dort läuft bereits die Umstellung, wie die Pressesprecherin Anette Hochmuth mit bedauerndem Unterton mitteilt. Der Kostenaufwand liege bei mehr als 500 000 Euro.

Besonders dramatisch trifft das geplante Landesgesetz, das im Herbst in den Landtag gehen und spätestens im Frühsommer 2014 in Kraft treten soll, all die Finanzchefs in kleinen Orten. Dort schreckt man besonders vor dem großen Einführungsaufwand zurück. Entsprechend groß war die Hoffnung auf eine Öffnungsklausel. „Wir wollen am liebsten gar nicht umstellen“, lässt der Kämmerer der Gemeinde Erligheim, Klaus Sämann wissen.

Gemeindetag verärgert

Entsprechend verärgert ist man beim baden-württembergischen Gemeindetag. „Wir wurden in dieser Angelegenheit in keinster Weise angehört“, beklagt der Finanzreferent Karl Reif. Der allergrößte Teil der kleinen Gemeinden habe laut einer Mitgliederbefragung auf ein Wahlrecht zwischen den Systemen gehofft. Doch die Landesregierung habe ihr Versprechen, auf die Kommunen zuzugehen, nicht erfüllt.

Große Probleme sieht der Finanzfachmann nach wie vor bei der Bewertung des Gemeindevermögens, die bei der Doppik zu Beginn anfällt. Hier gebe es noch viele ungeklärte rechtliche Fragen. Wenn das Land an der Öffnungsklausel festgehalten hätte, dann, so die Hoffnung des Gemeindetags, hätten die Kleinen von den Erfahrungen der Großen lernen können. Früher oder später „hätte sich das Thema erledigt, weil die jungen Kämmerer nur noch nach dem neuen System ausgebildet werden“.

Für diese Ausbildung ist unter anderem der Benninger Bürgermeister Klaus Warthon zuständig. Kein Wunder, dass er seine eigene Meinung zur Öffnungsklausel hat. Wenn beide Systeme dauerhaft parallel existieren würden, dann müsse dafür das kommunale Rechenzentrum doppelt so viel Software bereithalten. „Das wäre richtig teuer geworden.“