Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

„Der Bescheid ist überfällig“, sagt er. Er könne jeden Tag kommen – und mit ihm der Termin für die Abschiebung nach Bulgarien. Das ist das sichere Drittland, in dem Al Kasari im September 2013 gezwungenermaßen Asyl beantragt hat. Die Frage, warum er Bulgarien wieder verlassen habe, beantwortete er in seiner Anhörung im September 2014 in Karlsruhe wie folgt: „Wir wurden dort wie Tiere behandelt. Man hat uns gleich ins Gefängnis gebracht. Unser erstes Essen haben wir erst nach drei Tagen erhalten. Ich habe dort auch gehört, dass manche Leute sechs Monate im Gefängnis waren, weil sie sich geweigert haben, einen Asylantrag zu stellen.“ Medikamente gegen seine Epilepsie bekam er dort ebenfalls nicht. Als der Syrer einen Pass und ein subsidiäres Aufenthaltsrecht bekam, schmiss man ihn aus der Unterkunft. In einem ungeheizten Rohbau ohne Sanitäranlagen kam er unter.

 

Pro Asyl spricht in einem Bericht davon, dass Flüchtlinge in Bulgarien wegen der fehlenden sozialen Sicherungssysteme vielfach schutzlos auf der Straße landen und rassistischen Angriffen ausgesetzt sind. Ähnliches berichten auch andere nicht staatliche Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen. Im Jahr 2014 hat Deutschland laut dem Pro-Asyl-Bericht Bulgarien in 4405 Fällen um eine Rückübernahme von Flüchtlingen ersucht.

Ferman Al Kasaris Heimatstadt Kobane ist zerstört

Ferman Al Kasari ist kurdischer Syrer. Seine Heimatstadt ist die Grenzstadt Kobane. In den Kämpfen zwischen den kurdischen Peschmergas und den Terrormilizen des sogenannten Islamischen Staats (IS) wurde sie fast vollständig zerstört. Al Kasaris Elternhaus steht nicht mehr. Sein Sprachenstudium an der Universität von Aleppo brach er kurz vor dem Abschluss 2012 ab. Als der Krieg in die Stadt kam, wie er sagt. Es fehlten ihm noch vier Klausuren. Er stehe auf der Liste der syrischen Sicherheitskräfte, weil er im Internet über Demonstrationen schreibt. Außerdem macht er aus seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Islamismus keinen Hehl. Er bezeichnet sich selbst als Agnostiker.

Er hat sein Land verlassen, um zu überleben. Wie viele seiner Familienangehörigen ging er zunächst in die Türkei. Das Ermordungsvideo eines Freundes, der sein Examenszeugnis in Aleppo abholen wollte, sah Ferman Al Kasari auf Facebook. Da gab es kein Zurück mehr. Von der Türkei gelangte er nach Bulgarien, über Österreich kam er im April 2014 nach Deutschland.