Die Schadstoffbelastung im Ludwigsburger Bildungszentrum West ist nur schwer in den Griff zu bekommen. Schulleiter haben erste Räume geschlossen.

Ludwigsburg - Lüften allein reicht nicht. Die Schadstoffbelastung im Ludwigsburger Bildungszentrum West ist so hoch, dass am Otto-Hahn-Gymnasium zwei Klassenzimmer und an der Gottfried-Daimler-Realschule ein Werkraum bis auf weiteres geschlossen worden sind. Vertreter der Stadtverwaltung haben am Mittwoch Elternbeiräte und Lehrer informiert. Demnach gebe es zwar keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung, in einzelnen Räumen aber wurden Formaldehyd-Werte in bedenklicher Höhe gemessen. Gegenwärtig sind Experten vor Ort, die erneut untersuchen, in welcher Konzentration dieses Gas vorhanden ist. Anders als bei Vorgängerkontrollen wird diesmal nicht nur in ausgewählten, sondern in allen Räumen gemessen. In der kommenden Woche sollen konkrete Ergebnisse vorgelegt werden.

 

Die Luft muss zirkulieren

Nach den Herbstferien hatte die Verwaltung die Ergebnisse einer Schadstoffmessung vom August dieses Jahres vorgelegt. Damals waren insgesamt 22 Räume untersucht worden – elf in der Realschule und ebenso viele im Gymnasium. Während alles auf Entwarnung in Sachen PCB (Polychlorierte Biphenyle) deutete, waren in fünf Räumen kritische Formaldehyd-Werte gemessen worden.

Daraufhin hat die Stadtverwaltung versprochen, tätig zu werden. Als erstes ließ sie die Hausmeister anweisen, vor Schulbeginn alle Fenster für eine halbe Stunde zu öffnen. Lehrer sind aufgefordert, im Halbstundentakt für Stoßlüftung in den Klassenräumen zu sorgen. „Das muss bei allen im Bildungszentrum in Fleisch und Blut übergehen“, sagt Renate Schmetz, die Leiterin des Fachbereichs Bildung, Familie, Sport. „Die Luft muss zirkulieren, das bringt etwas.“ Unterdessen sind weitere Messtrupps in das Schulzentrum geschickt worden. Techniker der Stadt haben abgeschaltete Lüftungsschächte wieder freigelegt und in Gang gesetzt. „Die sind aus den sechziger Jahren, wahre Energieschleudern“, sagt Schmetz. Deshalb seien sie zuletzt nur in fensterlosen Räumen in Betrieb gewesen. Nun aber stelle man Energiefrage hintan, die Gesundheit von Schülern und Lehrern habe Vorrang.

„Bei uns weht jetzt immer frische Luft im Haus“, sagt Erika Schulze, die Leiterin der Gottlieb-Daimler-Realschule. Noch sei das auszuhalten, was aber, wenn der Winter zuschlägt? Zu allem Übel sei der am stärksten kontaminierte Raum das Lehrerzimmer. „Ich kann wohl kaum die Lehrer auf andere Räume umverteilen“, sagt Schulze. Und die klagen ohnehin schon lange über unverhältnismäßig viele Atemwegserkrankungen im Kollegium sowie Reizungen von Augen und Schleimhäuten. Die Verwaltung hoffe, dieses Lehrerzimmer an die wieder in Betrieb genommene Abluftanlage anschließen zu können, sagt Schmetz„“Das wird gerade geprüft.“ Zumindest einen Technikraum habe man schließen können, meint die Rektorin.

Klassen müssen wandern

„Die Experten sind mitten in den Messungen“, sagt Mathias Hilbert vom Otto-Hahn-Gymnasium. „Die Lüftungsanlagen wurden neu gewartet und dazu eine Aktivlüftung eingerichtet.“ Dennoch habe er zwei Klassensäle schließen lassen. „Das war nicht verlangt, ich habe das vorsorglich gemacht“, sagt der Rektor. Einige Klassen müssen deshalb jetzt regelmäßig wandern.

Dass es Probleme mit Luftschadstoffen im Bildungszentrum gibt, ist seit den neunziger Jahren bekannt. Die Gebäude von Gymnasium und Realschule stehen darum auch auf der Liste für notwendige Sanierungen. Doch nach den aktuellen Plänen wird es frühestens in fünf Jahre so weit sein. Grünen-Stadtrat Michael Vierling fordert, die Stadt müsse eine Kostenschätzung für eine Sanierung oder einen Neubau im Bildungszentrum vorlegen, damit das Projekt in die Etatplanung für 2014 bis 2018 aufgenommen werden kann.