Der Politologe Hendrik Uterwedde bewertet das Spitzentreffen zwischen Angela Merkel und Françoise Hollande als Glücksfall für Ludwigsburg.

Ludwigsburg Angela Merkel und François Hollande sind längst wieder aus Ludwigsburg abgereist. Aber das Treffen der mächtigen Europapolitiker zum 50-Jahr-Jubiläum von Charles de Gaulles Rede wirke in Deutschland und Frankreich nach, sagt Henrik Uterwedde, der Vize-Direktor des Deutsch-Französischen Instituts.
Wie klingt denn der Staatsakt in der Stadt nach, Herr Uterwedde?
Das war ein großer Tag für Ludwigsburg. Welche Stadt in dieser Größe ist schon Austragungsort einer solchen Feierlichkeit? Ich sehe das als verdienten Glücksfall, schließlich hat sie sich um die deutsch-französischen Beziehungen sehr bemüht.

Wurde das Ereignis in Frankreich überhaupt wahrgenommen?
Sehr stark sogar. Deutschland als der ökonomisch stärkere Nachbar wird dort genau beobachtet. Merkel hieß vor nicht allzu langer Zeit „Madame Non“, und es wurde berichtet, die Deutschen hätten kein Interesse mehr an Europa. Da ist es umso wichtiger, wenn sich die Kanzlerin und Hollande hier auf Augenhöhe begegnen.

Welchen Tenor hat die französische Presse?
Rauschendes Fest, aber auch Alltagsbrot mit Themen wie Bankenaufsicht und Euro-Krise: beides gehört zusammen. Insofern wurde hier ein Zeichen gesetzt. Der französische Finanzminister Pierre Moscovici, damals Europaminister, hat bei einem Besuch 2001 in Ludwigsburg treffend gesagt: man könne sich nicht jeden Tag neu versöhnen.

Etliche Korrespondenten vermissten aber die große Geste, wie sie de Gaulle drauf hatte.
Die Reaktionen sind unterschiedlich. Dem „Figaro“ fehlen die mutigen Visionen von damals. Auch laut der „Dernières Nouvelles d’Alsace“ verlief alles viel zu kleinteilig. Das finde ich ungerecht. Die noble Geste von einst ist ein Fundament, das vieles bewirkt hat. Aber die Probleme sind kniffliger geworden. In „Le Monde“ wurden beide Facetten dieser Beziehung gewürdigt.

Welche Stimmung herrschte aus Ihrer Sicht zwischen Merkel und Hollande?
Nach der früher frostigen Atmosphäre sind sie aufeinander zugegangen. Das war nicht inszeniert. Natürlich haben sie in Sachen Europa verschiedene Register gezogen. Aber sie sind sich ähnlich im pragmatisch-bedächtigen Naturell. Großsprecherisches und Arm-in-Arm hätte da nicht gepasst. Als Hollande von Journalisten auf seinen Einbruch in den Meinungsumfragen angesprochen wurde, kam ihm übrigens Merkel nett zu Hilfe. Das kenne sie auch: Es gehe mal runter und mal wieder rauf.