Der Keramiker Thomas Weber baut seit mehr als 20 Jahren an seinem „Dorf“. Jetzt ist es in der Ludwigsburger Karlskaserne zu sehen.

Ludwigsburg - Die Rauminstallation „Das Dorf“ besteht aus mehr als 1000 einzelnen Keramikarbeiten – dennoch beharrt Thomas Weber darauf, dass das „keine Kunst“ sei. Damit das aber niemand als Koketterie missversteht, macht der Schöpfer dieser skulpturalen Landschaft klar, dass sein Anspruch weit darüber hinausgeht: „Ich will ehrliche, völlig authentische Objekte machen.“ Seit 1992 ist Weber damit beschäftigt – und in den nächsten vier Wochen ist das Resultat in der Galerie der Ludwigsburger Karlskaserne aufgebaut.

 

Was dem Besucher da als raumfüllende Wucherung geboten wird – die „Häuser“ dieses Dorfes sind fast über die gesamte Ausstellungsfläche verteilt – hat als persönliche Geschichte begonnen und kann inzwischen als Kommentar zur Entwicklung verschiedener Zivilisationsformen gelesen werden. „Eigentlich könnte ich daran bis zu meinem Ableben weiterarbeiten“, sagt der 57-jährige Weber, der auch als Keramiklehrer an der Ludwigsburger Kunstschule Labyrinth tätig ist. „Aber ich weiß noch nicht, ob ich das wirklich will.“

Balkan- und Sahara-Reisen

Auch als er das Projekt vor mehr als 20 Jahren mit ersten, noch sehr archaischen Urformen in Angriff genommen hat, wusste er nicht, wohin ihn das führen würde. Obwohl ihm für diese erste Episode seiner tönernen Siedlung vor allem Formen, Geräte und Bauwerke aus seinem Heimatort Ettlingen am Rand des Schwarzwalds vor Augen standen, trug sie damals noch den Arbeitstitel „Reise“. Er stamme aus einem Dorf, in dem nicht viel geredet worden sei, sagt er. „Darum habe ich mir alles, was es da zu sehen gab, eingeprägt.“ Diese Grundformen hätten ihn inspiriert, und er habe sie mehr und mehr verfeinert.

Erst als er sich weiter von seinem Heimatdorf entfernte und ausgedehnte Reisen nach Georgien, in die Türkei, auf den Balkan oder in die Sahara unternahm, drängte sich ihm der Begriff „Dorf“ auf. Der Schwerpunkt lag nun auf Gebilden, die sehr viel mehr an Höhlen, Hütten oder Türme erinnern. Allerdings finden sich auch unter diesen noch immer reichlich viele Fantasiegebilde, die alles nur Funktionale hinter sich gelassen haben. Sollen sie wirklich noch an von Menschen gemachte Dinge erinnern oder doch eher an Pflanzen und stachelbewehrte Unterwasserwesen?

Frisch aus dem Backofen

Diese eigenwillige Ästhetik, die Weber in seinem „Lebenswerk“ (Kunstschulleiter Jochen Raithel über die Installation „Das Dorf“) entwickelt hat, dient ihm als Modell für größere Objekte: „Für mich sind diese Formen auch eine Art Ideenreservoir“, sagt er. Im Gesamtwerk Webers, der auch Maler und Zeichner ist, finden sich unter anderem bis zu zwei Meter große Skulpturen.

Für sein „Dorf“ habe er bewusst Ton als Arbeitsmaterial gewählt. „Ton hat das, worauf es mir ankommt“, sagt Weber. „Es ist sowohl hart als auch weich, es ist grob und fein, und es ist dynamisch und starr.“ Alles Gegensätze, die ihn faszinieren. Vorgenommen habe er es sich immer en bloc – und immer dann, wenn er als Gast in Kunstzentren oder Akademien gearbeitet habe. Oder wenn – wie jetzt – eine Ausstellung bevorstand. „Die letzte Episode ist zwischen Januar und März 2015 entstanden“, sagt Weber. Er habe es noch gar nicht geschafft, alle Objekte aufzustellen. „Manche stehen noch im Brennofen.“ Sie kämen sozusagen backfrisch in die Ausstellung.

Keramik in der Karlskaserne

Vernissage
Die Schau „Das Dorf“ wird am Donnerstag, 19. März, um 19.30 Uhr im Ludwigsburger Kunstzentrum Karlskaserne, Hindenburgstraße 29, eröffnet. Sie ist bis zum 19. April donnerstags von 17 bis 20 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 16 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Gruppen und Schulklassen können Sondertermine vereinbaren.

Museumsschau
Die Ausstellung in Ludwigsburg ist auch eine Art Testlauf, denn Thomas Webers Keramik-Dorf wird museale Weihen erhalten: Von 20. September an ist die Installation im Keramikmuseum Westerwald in Höhr-Grenzhausen zu sehen.