Advent, Advent, ein Lichtlein brennt… Es weihnachtet sehr, aber nirgends ist die Vorfreude so groß wie in Ludwigsburg, wo immer alles sehr viel größer und prächtiger ist als anderswo. Manchmal aber sind die geweckten Erwartungen sogar übergroß.

Ludwigsburg - Advent, Advent, ein Lichtlein brennt… Allüberall in Stadt und Land, weihnachtet es sehr – so auch in der Stadt des weltberühmten Barockweihnachtsmarkts. Aber natürlich ist die Vorfreude nirgends so groß wie in Ludwigsburg, wo immer alles sehr viel größer und prächtiger und gelungener ist als anderswo. Man beachte nur den Adventskranz im Schlossgarten! Manchmal, so scheint’s aber, sind die Erwartungen sogar übergroß.

 

Advent mit Plätzchen-Snack

Eine Mitteilung der Ludwigsburger Dreieinigkeitskirche jedenfalls hat uns dieser Tage jäh aus unserem besinnlichen Vorweihnachtstrott gerissen: Die Jugendlichen der Pfarrei haben „Haltestellen im Advent“ eingerichtet. Es gehe darum, „das Warten zu versüßen“, heißt es. Wie das geschehen soll, wird auch erklärt: bei gemeinsamem Singen, Stillsein und mit einem Punsch-Plätzchen-Snack. Eine ganz wunderbar-vorweihnachtliche Idee also. Auch wenn die Teilnahme für den einen oder anderen an der unchristlichen Uhrzeit scheitern könnte: Das gemeinsame Nachdenken mit Frühstück beginnt um 6.30 Uhr. Es fand erstmals am 30. November statt und soll auch am 31. Dezember, am 32. Dezember und – ja, so steht es in der Einladung – am 33. Dezember stattfinden. Zu unserer Schande müssen wir gestehen, dass wir keine Ahnung davon hatten, dass in diesem Jahr der Termin für Weihnachten verschoben worden ist. Wir vermuten, auf den 24. Januar. Diese Angabe aber ist ohne Gewähr! Ganz sicher wissen wir es nicht, denn unsere einzigen Informanten in dieser Sache – die Katholische Jugend – haben unsere Anfragen bisher nicht beantwortet.

Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Spannungsbogen in einem Anfall religiöser Verzückung überspannt wurde. Wir können da nur spekulieren. Sicher aber ist, dass die engagierten Christen nicht die einzigen sind, die sich in einer Zeitschleife verfangen haben. Oder sollte es Absicht sein, dass am Westportal des Bahnhofs gleich zweimal in Adventskalendermanier auf Grand Openings hingewiesen wird? Bei einem handelt es sich um den größten Quantensprung in Sachen Einkauf seit Erfindung des Kühlschranks, beim anderen um den Inbegriff von Genuss und Behaglichkeit: In Gleisnähe werden Reisende auf das Superprojekt Yoloma (Your local market) heiß gemacht, das ihnen den ultimativen Kick beim Shoppen per Smartphone bescheren soll, das andere lädt zu einer königlichen Kaffeepause ein.

Kaffee im Bockshornklee

„Freuen Sie sich darauf, hier bald wieder einen frisch gerösteten Kaffee zu genießen“, steht da. Und dazu gibt es gleich noch etwas Kaffeeklatsch, in dem wir erfahren, dass Friedrich I. den Türkentrank am liebsten „zwischen Veilchen, Lilien und Bockshornklee“ genoss – ist das nicht entzückend? – und Wilhelmine von Grävenitz es vorzog, ihren Kaffee „ganz entspannt in ihrem Schloss-Casino“ zu schlürfen.

Frisch gerösteter Kaffee? Von wegen! Das ist nicht einmal kalter Kaffee, denn diese Plakate sollten schon im Advent 2015 auf Dinge neugierig machen, die nicht kamen. Seit April wissen wir: Yoloma, das Ludwigsburg in die Smart-City-Charts katapultieren sollte, war eine Luftnummer. Und – das ist allerdings noch nicht offiziell – das Kaffeehaus ist auch nur eine Nebelkerze, die wohl nach Weihnachten ausgepustet wird. Wie heißt es so schön im Kinderlied: „Und wenn das fünfte Lichtlein brennt, dann hast du Weihnachten verpennt.“