Der Landkreis will an der Ludwigsburger Reuteallee 150 Flüchtlinge unterbringen. Die Anwohner wehren sich.

Ludwigsburg - Erst Obdachlose, jetzt Flüchtlinge: viele Eglosheimer sind empört. Der ohnehin lange als soziale Problemzone gebrandmarkte Stadtteil werde damit über Gebühr belastet, meinten die Besonneneren. Dass man sie nur scheibchenweise informiert habe, passe ins Bild, schimpften die ganz Zornigen. Sie wittern einen Wortbruch der Verwaltung. Das Landratsamt will an der Ecke Reuteallee/Fröbelstraße eine Unterkunft für 150 Asylbewerber bauen. Der Stadtteilausschuss hatte den Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec um Aufklärung gebeten – und mehr als 100 Bürger waren zu der Sitzung am Dienstagabend gekommen.

 

„Wohnungen verlieren an Wert“

Die Not sei groß, sagte der für die Flüchtlingsunterbringung zuständige Kreisdezernent Jürgen Vogt. Monat für Monat müsse die Behörde Platz für 250 Menschen schaffen. „Wir nehmen inzwischen alles“, sagte er. So habe er gerne das Angebot des Landes als dem Eigentümer des Grundstücks angenommen, die 5500 Quadratmeter große Fläche zwischen den Hochschulen und der Waldorfschule zu pachten, um dort ein Heim für Asylbewerber zu bauen. Geplant seien Häuser „in wertiger Bauweise“, die später zum Beispiel für die Hochschulen genutzt werden könnten, ergänzte der Architekt Jörg Lindenberger. Für 4,5 Millionen Euro werde ein Ensemble aus Modulen erstellt, das sowohl Rückzugs- als auch Gemeinschaftsräume sowie Platz für Kinderspiele biete.

Gerade das aber, was Architekt und Dezernent so schön schilderten, erschreckte die Anwohner in der Reuteallee besonders: Sie werden die zweigeschossigen Gebäude mit Holzfassade nicht nur befristet vor der Haustür haben. Zudem ist nicht mehr von 80 bis 100, sondern von bis zu 150 Personen die Rede. „Wir haben erst vor zwei Jahren diese teure Wohnung gekauft“, sagte eine Bewohnerin aus dem Haus Nummer 27, das dem künftigen Heim gegenüberliegt, „dazu gehörte auch der Blick auf freie Felder.“ Eine Bebauung sei ausdrücklich ausgeschlossen gewesen. Auch Bewohner des Gebäudes Nummer 29 fürchten Wertminderungen. Leidtragende seien die 54 Mieter oder Eigentümer der zwei Neubauten.

Es sei „bestürzend“, dass sich die Anwohner angesichts von zwei Millionen Flüchtlingen nur um ihr Geld sorgten, konterte ein Herr, der sich als Alt-Eglosheimer vorstellte: „Wenn Sie sich getäuscht fühlen, können sie das nicht den Behörden anlasten. Dann hat Ihnen Ihr Bauträger etwas verschwiegen.“ Es gebe seit Jahrzehnten Pläne für eine Bebauung der Freifläche.

Verschleierungstaktik?

Im Oktober 2014 hatten die Eglosheimer zähneknirschend dem Bau einer Obdachlosenunterkunft an der Teinacher Straße zugestimmt. Damals hatte der Bürgermeister Konrad Seigfried versprochen, dass keine weiteren Belastungen auf den Stadtteil zukämen. Dass man nun im Entwurf für das Flüchtlingsheim statt von Eglosheim „von der bisher unbekannten Markung Ludwigsburg-Nord“ spreche, wertete Sabine Laartz (CDU) vom Stadtteilausschuss als plumpen Verschleierungsversuch. Es gebe keinen Wortbruch, widersprach der Oberbürgermeister. Die Stadt sei nicht Herr des Verfahrens, sondern das Land und der Kreis. Da die Verwaltung dennoch nicht tatenlos zusehen wolle, veranstalte sie am 19. Mai einen Informationsabend zum Thema Flüchtlingsunterkunft.