Ein Sensorikseminar will bei den Besuchern die Geschmacksnerven kitzeln und die Sinne für das Naturprodukt Honig schärfen. Dass die Konsumenten des klebrigen Brotaufstrichs auch Naturschützer sind, ist in dem Kurs nicht nur ein Randaspekt.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Auf die Quetschflasche mit Honig aus dem Supermarkt ist Johanna Ott gar nicht gut zu sprechen. Das aber nicht etwa, weil sie selbst mit ihrem Mann Alois seit 35 Jahren Hobbyimkerin ist und Konkurrenz wittern würde. Nein, die Leiterin des Ernährungszentrums Mittlerer Neckar in Ludwigsburg denkt in größeren Zusammenhängen. Die Herkunft dieses Honigs missfällt ihr. Nicht seine Qualität.

 

Johanna Otts Maxime lautet: „Nachhaltigkeit durch Aufessen“. Denn mal wieder hängt alles mit allem zusammen. So wie vor Jahren Mosttrinker zu Naturschützern geadelt wurden, weil sie durch ihre Nachfrage nach Apfelsaft den Streuobstwiesen eine Lebensberechtigung zusprachen, sind auch Honigesser Unterstützer einer ebenso bedrohten Kulturlandschaft. „Nur wenn wir regionalen Honig essen, wird die Landschaft hier in ihrer Vielfalt erhalten und damit die Bienen“, sagt Ott. Nur wenn die Produkte, welche die Landschaft hervorbringe, nachgefragt würden, sei die Umwelt überlebensfähig. Für die gebürtige Ostfriesin ist es eine Selbstverständlichkeit, darüber nachzudenken, wie und wo die Lebensmittel, die wir essen, produziert werden. Für Johanna Ott sind das Fragen, die sich jeder Konsument vor jedem Einkauf stellen müsse.

Bienenbesitzer sind in der Saison immer unterwegs

Und wie verantwortungslos wäre ein Imker, der durch die Hege und Pflege seiner Bienenvölker nicht über den Zustand der Umwelt nachdenken würde. Dafür reichen schon die 15 Völker aus, welche die Otts, wenn es März wird, wieder in der Landschaft verteilen werden. Bienenbesitzer sind, so ist der Eindruck, wenn man den beiden zuhört, immer unterwegs. „Wir besuchen unsere Völker dann fast regelmäßig jedes Wochenende“, sagt Johanna Ott. Schließlich ist es der Job des Imkers in der Rollenverteilung zwischen Insekt und Mensch, dafür zu sorgen, dass ein Honig auch sortenrein ist. Da müsse man streng hinterher sein, so Ott.

Nicht die Biene entscheidet über die Reinheit des Honigs. Sie bunkert Blütennektar und die Ausscheidungen von bestimmten Insekten, um durch dessen Verstoffwechselung ihre Brut zu versorgen. Dem Insekt ist es jedoch egal, ob sie am Löwenzahn saugt oder an der Kastanienblüte. Wenn Kastanie oder Löwenzahn verblüht sind. dann ist es die Aufgabe des Imkers, den Standort seiner Völker zu verändern. Nur wenn der Honig zu 60 Prozent von einer Pflanzenart stammt, darf man ihn Sortenhonig nennen, beschreiben die Otts die Nöte ihrer Zunft und die Bestimmungen der deutschen Honigverordnung.