Ein 26-jähriger Fahrer, der im Auftrag der Post Briefkästen leerte, ist vom Amtsgericht wegen Verletzung des Postgeheimnisses verurteilt worden. Er hatte Brief nach Geld durchsucht und unterschlagen.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Es geht um das höchste Gut, das die Deutsche Post zu bieten hat: um Vertrauen. Weswegen die Angelegenheit heikel ist und die Post auch „keine Zahlen kommunizieren“ will, wie oft es zu einem solchen Vertrauensbruch kommt. Denn wenn das Zutrauen der Kunden in die Sicherheit ihrer Briefe und Päckchen erst einmal zerstört ist, lässt es sich so schnell nicht wieder herstellen. Es ist das Betriebskapital aller Zustellunternehmen. Deshalb ging es in dem vor dem Ludwigsburger Amtsgericht nun verhandelten Fall um viel mehr als eine Handvoll Briefe. Die Anklage lautete auf Verletzung des Postgeheimnisses, Unterschlagung und Diebstahl.

 

Fristlose Kündigung als die Unterschlagung aufflog

In diesem Fall war die Schwachstelle im System ein 26-jähriger Stuttgarter. Als sein Tun im November 2011 aufflog, war er seit fast zweieinhalb Jahren bei einem Subunternehmer der Deutschen Post beschäftigt. Über die Hälfte dieser Fahrten, so Gerold Beck, der Sprecher der Deutschen Post für die Region Stuttgart, werden inzwischen so bedient.

Bis zu seiner fristlosen Kündigung war der Angeklagte an den Wochenenden zum Leeren von Briefkästen eingeteilt. Seine Touren führten ihn in seinem Privatauto vom Poststützpunkt in der Schwieberdinger Straße durch Ludwigsburg, Kornwestheim, Weissach und Bietigheim-Bissingen. Aber nicht alle Briefe, die er transportieren sollte, gab er auch wieder aus der Hand. Manchmal fühlten sie sich offenbar so vielversprechend an, dass er sie öffnete und nach Geld durchsuchte.

Hinter jedem Brief steckt eine Geschichte

Auf der Strecke blieben Hochzeitskarten; Briefe, in denen Eintrittskarten verschickt werden sollten; mehrere Arztrechnungen; eine Kondolenzkarte mit Geld; ein Geburtstagsgruß an ein Enkelkind samt beigelegtem Fünf-Euro-Schein und eine noch großzügigere Geldsendung in Höhe von 200 Euro und zwei Tankgutscheinen.

Es geschah in der Wilhelm-Nagel-Straße in Ludwigsburg-Hoheneck, in Asperg oder auf dem Bahnhofsvorplatz in Kornwestheim. Die Post ging nach Finnland, Quickborn und nach Ludwigsburg. Jeder Brief, so sagte es die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer, stehe für eine Geschichte, und jeder könne nachvollziehen, wie es ist, wenn man auf einen Brief warte und der nicht ankomme.

Briefkastenleerung noch nach der Kündigung

Zeugen beobachteten den Mann noch nach seiner Entlassung dabei, wie er sich im Sommer 2012 in Möglingen nachts an einem Briefkasten zu schaffen machte. Den Vierkantschlüssel dafür, mehrere Transportboxen und Post-T-Shirts hatte er da noch in seinem Besitz – bis die Polizei sie ihm noch in dieser Nacht abnahm.

Der Angeklagte, der inzwischen bei einem Sicherheitsunternehmen als Türsteher arbeitet, war geständig vor Gericht. „Ich habe das getan“, sagte der gelernte Bankkaufmann. Er selbst gab eine gestohlene Gesamtsumme von 1000 Euro an, die bekannten Fälle betrugen jedoch nur 500 Euro. So korrekt wie er es in seiner Ausbildung gelernt haben könnte, ging er in der Gerichtsverhandlung die beschlagnahmten Umschläge durch. Ja, den habe ich genommen, sagt er mehr als einmal. Besonders attraktiv waren für ihn wohl die Sendungen, die sich von den anderen abhoben. Zwei rote Umschläge waren dabei und viele sich offenbar dicker anfühlende Briefe.

Gestohlene Briefe in der Wohnung und im Auto

Bevor die Polizei den Fall übernahm, hatten Mitarbeiter der postinternen Sicherheitsabteilung den Fahrer überprüft. Zu oft hatte es Beschwerden über auf seinen Routen verschwundene Briefe gegeben. Die fanden die Polizeibeamten dann in der Wohnung des Angeklagten und in seinem Auto. Das Zuhause des 26-Jährigen, so merkte der ermittelnde Beamte an, „sah verheerend aus“. Er habe den Eindruck gehabt, der Angeklagte sei in seinem Leben „irgendwie abgerutscht“.

Das Gericht verurteilte den nicht vorbestraften Mann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die es zur Bewährung aussetzte. Die steht nun allerdings in seinem polizeilichen Führungszeugnis.