Die Aufsichtsgremien beanstanden den Tombolagewinn eines Gemeinderats nicht. Die Stadt verweist aber auf die Gesetze des politischen Anstands und rät, die Karten zu spenden.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Privatmann oder Mandatsträger? Für den glücklichen Losgewinner vom Samstag, das Gemeinderatsmitglied Harald Lettrari (Republikaner), ist das der entscheidende Unterschied. Er will sich sein Losglück nicht vergällen lassen. Zu verlockend ist der Gewinn. Lettrari, der auch Mitglied des Bauausschusses ist, hat zwei Eintrittskarten für das Endspiel um den DFB-Pokal gewonnen, in dem der VfB Stuttgart am Samstag gegen Bayern München in Berlin antritt. Die Mitteilung der Real Estate Stuttgart, bei deren Ludwigsburger Tombola anlässlich der Einweihung eines Wohnprojekts Lettrari den Hauptpreis abräumte, tituliert ihn als Stadtrat.

 

Rein rechtlich muss sich Lettrari gar keine weiteren Gedanken über sein Verhalten bei der Verlosung machen. Die Kommunalaufsicht des Regierungspräsidiums (RP) sieht grundsätzlich einen entscheidenden Unterschied zwischen einem Geschenk und einem Gewinn. Bei einer Tombola könne jeder gewinnen, erklärt der Pressesprecher des RP, Peter Zaar. Es sei nichts gezielt getan worden, um jemandem etwas Gutes zu tun. Denn das verlange der Paragraf 331 des Strafgesetzbuches, der Vorteilsnahme unter Strafe stellt, wenn „ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich etwas versprechen lässt oder annimmt“.

Geschäftsstelle des Gemeinderats rät: Karten spenden

So urteilt auch die Geschäftsstelle des Gemeinderats Ludwigsburg, die keine Befangenheit nach Artikel 18 der Gemeindeordnung sieht. Rechtlich sei Lettrari auf der sicheren Seite. Es stehe kein Baugesuch, Bauantrag oder Ähnliches des Immobilienvermarkters Real Estate Stuttgart zur Abstimmung an. Zudem wäre der Stadtrat Lettrari auch in Zukunft bei einer Abstimmung über ein Vorhaben des Stuttgarter Immobilienunternehmens nicht befangen. Denn er hätte aus seinem möglichen Abstimmungsverhalten trotz des Tombolagewinns aus heutiger Sicht keinen unmittelbaren Vor- oder Nachteil.

Die Geschäftsstelle formuliert jedoch auch eine Einschätzung, die über das Formaljuristische hinausgeht: „Legen wir die ungeschriebenen Gesetze des politischen Anstands oder moralische Gesichtspunkte zu Grunde, bleibt zu berücksichtigen, dass Herr Lettrari gewählter Stadtrat ist, selbst wenn er als Privatmann zur Einweihung kam. Um Irritationen zu vermeiden, wäre es sicherlich hilfreich, die Eintrittskarten zu spenden. Noch besser wäre es gewesen, an der Tombola nicht teilzunehmen.“ Sie erteilt Harald Lettrari den Rat, „mit Verweis auf politisch-moralische Gesichtspunkte“, im Falle einer Abstimmung von sich aus daran nicht mitzuwirken, um einen Zusammenhang zwischen Abstimmungsverhalten und Tombola-Gewinn auszuschließen, so der Pressesprecher der Stadt Ludwigsburg, Peter Spear.