Die Studenten der Ludwigsburger Schauspielakademie laden erstmals zum „Manie-Fest“ ein. Gezeigt werden sechs Produktionen von Ensembles aus Berlin, München, Frankfurt und Ludwigsburg.

Ludwigsburg - Wenn Theaterspielen zur Manie wird und Schauspiel-, Regie und Dramaturgiestudenten ihre eigenen Ideen gern in ein – selbstverständlich theatralisches – Manifest gießen möchten, kommt so etwas wie „Manie-Fest“ heraus. „Festival für Junges Theater“ nennen die Organisatoren von der baden-württembergischen Akademie für Darstellende Künste (ADK) in Ludwigsburg ihr Spektakel im Untertitel. Den ersten Anstoß dafür gab die Hochschulleitung im Februar. An diesem Freitag und Samstag wird das Festival nun über die Bühne gehen – mit Ensembles aus Frankfurt, Berlin und München. Insgesamt werden an den beiden Tagen sechs Produktionen aufgeführt.

 

10 000 Euro Startkapital

„Wir möchten zeigen, dass die Theaterwelt ein Stück weit jünger ist, als sie in vielen Stadtheatern gezeigt wird“, sagt Jeffrey Döring vom Organisationsteam. Außerdem solle das Festival die Aufmerksamkeit auf die seit 2007 in Ludwigsburg ansässige, aber immer noch wenig bekannte ADK lenken, sagt Lea Boie, Schauspielstudentin im zweiten Jahr: „Die Leute sollen merken, dass hier etwas los ist.“ Zum Konzept des Festivals gehört, dass sich der Nachwuchs aus allen Sparten beteiligt. Neben angehenden Schauspielern und Regisseuren sind dies vor allem die Studierenden der Bereiche Bühnenbild und Dramaturgie.

Die Hochschulleitung hat den Studenten im Frühjahr 10 000 Euro als Grundstock in Aussicht gestellt, falls es ihnen gelingt, ein Theatertreffen an der ADK auf die Beine zu stellen. Der Regiestudent Sören Hornung nahm die Sache in die Hand und versuchte, möglichst viele der etwa 50 Kommilitonen für das Projekt zu gewinnen. Schnell waren 14 Leuten beisammen und die Aufgaben aufgeteilt: Eine Abteilung war fortan für die Programmgestaltung zuständig, die andere für die Akquise von weiteren 10 000 Euro. Schließlich erklärten sich die Stadt Ludwigsburg, die Wüstenrot-Stiftung, die Kreissparkasse, die Mylius-Apotheke und das Steuerbüro Daniela Bosser-Meyer bereit, die jungen Theatermacher zu unterstützen.

An den aktuellen Spielplänen großer und kleiner deutscher Bühnen vermisst Sören Hornung vor allem das Politische. Auf der einen Seite müssten viele Theater schließen, weil das Geld fehle. Darum ist auch die Angst vor dem Freihandelsabkommen groß. Wenn Subventionen wegfielen oder stark gekürzt würden, müssten noch mehr Häuser schließen.

Krieg und Konformismus

Auf der anderen Seite aber hätten viele Bühnenschaffende offenbar vergessen, was das Besondere der Schauspielerei gegenüber Film, Fernsehen oder Internet ausmache. „Viele Stadttheater sind leider nicht mehr verankert“, sagt Hornung. „Wir wollen aber nicht nur für eine gebildete Elite spielen, sondern die Kategorisierung in U- und E-Kunst einreißen.“ Nirgends sonst bekomme man so unmittelbare Reaktionen vom Publikum, schwärmt der Nachwuchsregisseur. „Theater kann etwas verändern, man muss sich nur darüber im Klaren sein.“ Das Team des erstmals veranstalteten Festivals möchte das politische Potenzial der alten Livekunst ausschöpfen.

Schon in der Inhaltsangabe als politisch präsentieren sich Stücke wie „Philoktet“ oder „Tartaros“. Im ersten – einer Produktion der Bayerischen Theaterakademie August Everding – geht es um Krieg, Kriegsdienstverweigerung und Konformismus. Im zweiten – vom Berliner Verein Wheels – um den Kampf um die Macht in einer Gruppe von vier Jugendlichen. Noch programmatischer sind die Studierenden der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst geworden: „Wir wollen unsere Welt selber definieren“, heißt es hier. „Wir wiederholen nicht länger die Phrasen unserer Vorgänger.“ Die Sätze stammen aus dem Stück „Vier Manifeste für ein zeitgenössisches Figurentheater“.

Ein Berliner Ensemble hat sich einen Endzeit-Western ausgedacht („Faulheit, Feigheit, Dummheit“), Jungtalente aus Frankfurt loten den Raum zwischen Fakten und Fiktionen aus („Voyager I“). Und die Ludwigsburger haben John Gabriel Borkman geschaffen, eine Kunstfigur, die alles anders machen möchte als die Eltern.