Die Ludwigsburger Verwaltung hat den Haushalt für das Jahr 2015 vorgestellt. Trotz massiver Kritik im Vorfeld hält Oberbürgermeister Werner Spec an seinem Plan fest, die Grundsteuer zu erhöhen.
Ludwigsburg - Ludwigsburg will die Grundsteuer erhöhen und den Konsolidierungsprozess fortsetzen. Mit knapp 72 Millionen Euro sind die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurückgeblieben; Kämmerer Ulrich Kiedaisch hatte mit 75 Millionen kalkuliert. Er warnt vor einem strukturellen Problem: spätestens 2017 werden die Reserven aufgebraucht und die Bilanz nicht mehr auszugleichen sein. Das strukturelle Defizit belaufe sich auf jährlich bis zu zehn Millionen Euro. Oberbürgermeister Werner Spec will zum gegenwärtigen Zeitpunkt dennoch keine Kredite aufnehmen. Auch ein großes Sparpaket wie 2009 kommt für ihn nicht in Betracht.
Allein die Personalkosten sind von 2013 auf 2014 von 60,3 Millionen auf 64,7 Millionen Euro gestiegen. Und Kiedaisch geht davon aus, dass diese Entwicklung so weiter geht: Demnach werden die Personalkosten im nächsten Jahr um weitere vier Millionen Euro steigen und bis zum Jahr 2018 die Marke von 74,5 Millionen Euro erreicht haben. Wies der Plan für das laufende Jahr 1071 Rathausstellen aus, so wird für 2015 mit 1114 kalkuliert. Den größten Anteil dabei mache der Ausbau der Kleinkinderbetreuung und der Ganztagsschule aus, sagt der Kämmerer. Aber auch für den Ausbau der Bürgerbeteiligung oder mehr Sicherheit und Ordnung sind zusätzliche Stellen geschaffen worden. „Keine davon aber, ohne die Zustimmung des Gemeinderats“, betont der OB.
Saurer Apfel Steuererhöhung
Dazu kommen dauerhaft hohe Kosten für die Unterhaltung von neuen Bauwerken wie etwa des MIK (Museum, Information, Kultur) sowie die nötigen Baumaßnahmen in der Unteren Stadt, die wegen des Umbaus im Marstallcenter anfallen. Der Kämmerer glaubt, dass bis 2018 allein für den Straßenbau 36,4 Millionen Euro nötig sein werden. Für Schulbaumaßnahmen veranschlagt er weitere 31,6 Millionen Euro. Allein für die Sanierung des Goethegymnasiums, die im Herbst 2015 beginnen soll, muss Ludwigsburg geschätzte 20 Millionen Euro aufbringen – das Land steuert nur drei Millionen dazu bei. Auch der Umbau des ehemaligen Gebäudes der Pestalozzischule zur Gemeinschaftsschule, die 2015 begonnen wird, ist noch nicht bezahlt.
Auf der Liste der Baumaßnahmen stehen außerdem die Erweiterung der Stadtbibliothek, die Grundschulmensa an der Gartenstraße, der Anbau der Schlösslesfeldschule und die Weiterentwicklung des Sportparks Ost. Erste Planungsraten werden für den Umbau der Alten Schule in Poppenweiler, das Bildungszentrum West oder die Tagesstätte in Pflugfelden fällig. „Das sind alles notwendige Investitionen, das ist keine Kür“, sagt Kiedaisch.
„Im Grunde hat eine Kommune nur zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren“, sagt Spec. Man könne in den sauren Apfel beißen und unpopuläre Maßnahmen wie Steuererhöhungen einleiten oder die Problem auf die Folgejahre verschieben. „Wir wollen aber nicht erst tätig werden, wenn uns der Kittel brennt“, sagt Kiedaisch. Darum schlage die Verwaltung vor, die Grundsteuer von 375 auf 405 Hebesatzpunkte zu erhöhen. Das beschere der Stadt ein Plus von etwa 1,2 Millionen Euro. Da das allein aber nicht ausreiche, solle der Gemeinderat einer globalen Minderausgabe von 1,3 Millionen Euro zustimmen. „Dazu muss dann im einzelnen noch beraten werden, wo etwas eingespart werden kann“, sagt Kiedaisch. Beide Beträge summiert, ergibt die Summe, die 2015 zu einem ausgeglichenen Haushalt fehlt: 2,5 Millionen Euro.
Auch Zinsen belasten den Haushalt
„Wir empfehlen nicht den leichteren Weg einer Kreditaufnahme“, sagt Spec. Genau das aber hatten Stadträte im Vorfeld bereits gefordert. Angesichts der aktuell extrem niedrigen Zinsen müsse die Stadt hier zugreifen, meinte etwa der Freie-Wähler-Sprecher Reinhardt Weiss. Der Kämmerer hält dagegen: auch das müsse irgendwann einmal bezahlt werden. „Auch Zinsen sind eine zusätzliche Belastung für den Haushalt.“
Der Ludwigsburger Kämmerer geht davon aus, dass auch im kommenden Jahr die Steuereinnahmen über dem Normalmaß sprudeln werden. „Allerdings wird die Zunahme nicht mehr so hoch ausfallen wie in den letzten Jahren. An das Rekordergebnis von 2011 mit 80 Millionen Euro werden wir sicher nicht herankommen.“ Im Etat für 2015 kalkuliert er deshalb mit Steuereinnahmen von 70 Millionen Euro.
Eine klare Linie fehlt
Kommentar - Das Problem ist nicht neu: Ludwigsburg gibt mehr Geld aus als es hat. Trotz hoher Steuereinnahmen werden die Rücklagen spätestens 2017 aufgezehrt sein. Schuld daran sind viele Pflichtaufgaben im Bereich Kinderbetreuung und Bildung, aber auch die Folgekosten für kostspielige Anschaffungen wie MIK oder Arena. Um diese trübe Perspektive aufzuhellen, will die Verwaltung an der Steuerschraube drehen. Wohlweislich aber nur da, wo sie geringe Gegenwehr zu befürchten hat: bei der Grundsteuer. Die Hausbesitzer werden die zusätzliche Last an die Mieter weiterreichen, und wie sollten die sich dagegen wehren?
Der OB nennt seinen Haushalt generationengerecht, schreckt aber davor zurück, auch die Gewerbetreibenden zur Kasse zu bitten. Das war bei der letzten Steuerrunde vor zwei Jahren anders: damals wurden – der Gerechtigkeit halber – auch die Unternehmen zur Kasse gebeten. Mit der stimmigen Begründung, auch sie müssten ihr Scherflein zur Kinderbetreuung beitragen. Auch, weil eine gute Kita-Versorgung den Standort für Fachkräfte attraktiver mache.
Mit weiteren Ungerechtigkeiten ist zu rechnen, wenn erneut das grobe Instrument der globalen Minderausgaben zum Einsatz kommt. Einen Vorgeschmack darauf hat das jüngste Gerangel um die Zuschüsse für Kultureinrichtungen wie Jugendmusikschule, Scala oder Kunstschule Labyrinth gegeben. Im Zweifel soll hier eingespart werden, was an anderer Stelle ohne viel Aufhebens ausgegeben wurde.
Wer im Herbst Geld von der Stadt will, hat das Nachsehen, denn im Frühjahr wurde es schon mit dem Füllhorn verteilt. Weder die neuerliche Steuererhöhung noch der globale Beschnitt von Etatposten wären nötig, wenn der Gemeinderat in den letzten zwei Jahren mehr Ausgabendisziplin bewiesen hätte. Dazu gehört auch, dass sich das Gremium endlich verbindlich auf Prioritäten und Baustandards einigt – ganz unabhängig von der Jahreszeit.