Der Ludwigsburger Linken-Stadtrat Oliver Kube muss sich vor Gericht verantworten, weil er in Stuttgart eine Demo von Bildungsplangegnern gestört haben soll. Kube bestreitet das nicht, hält seinen Ungehorsam aber für legitim.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Der neue Linken-Stadtrat im Ludwigsburger Gemeinderat, Oliver Kube, hat Ärger mit der Justiz. Der 24-Jährige soll am 1. Februar in Stuttgart eine Demonstration von Bildungsplangegnern gestört haben und deshalb eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro bezahlen. Weil er diesen Strafbefehl nicht akzeptiert, wird der Fall nun am 10. September vor dem Stuttgarter Amtsgericht verhandelt. Kube bestreitet nicht, an einer Gegendemo teilgenommen zu haben, sagt aber, dass die Provokationen damals von den Bildungsplangegnern ausgegangen seien. „Diskriminierung ist keine Meinungsäußerung“, sagt der 24-Jährige. „Gegen rassistische, sexistische und homophobe Hetze ist ziviler Ungehorsam legitim und notwendig.“

 

Knapp 700 Personen hatten am 1. Februar auf dem Stuttgarter Schlossplatz gegen die Pläne der grün-roten Landesregierung protestiert, das Thema sexuelle Vielfalt fester im Schulunterricht zu verankern. Auf dem Schillerplatz fand zeitgleich eine Gegenkundgebung statt. Als die Bildungsplangegner wie vorgesehen in Richtung Staatstheater ziehen wollten, stellten sich ihnen nach Polizeiangaben 50 bis 100 Gegendemonstranten in den Weg. Diese hätten die Gruppe mit Stühlen und Baustellenabsperrungen am Weitergehen gehindert, heißt es. Vereinzelt sei es zu Rangeleien gekommen. Die Polizei griff ein und nahm die Personalien zahlreicher Gegendemonstranten auf.

Die Gegendemonstranten sprechen von „offenem Hass“

Kube sagt, der Strafbefehl habe ihn überrascht, denn er sei bei der Demo nicht nach seinen Personalien gefragt worden. Offenbar habe ihn ein Polizist später auf Fotos oder Videos erkannt, die an dem Tag gemacht worden waren.

Nach den Vorfällen überschütteten sich beide Seiten mit Vorwürfen. Die Bildungsplangegner fühlten sich in ihrer freien Meinungsäußerung beschnitten. Die Gegendemonstranten wiederum berichteten von üblen schwulenfeindlichen Äußerungen und rassistischen Anfeindungen. „Die Stimmung war aufgeheizt“, sagt Kube. Auf einem Schild seien Homosexuelle mit Pädophilen gleichgesetzt worden. „Das war offener Hass.“

Dennoch sei es, berichtet Kube, bis auf ein paar Schubsereien bei verbalen Aggressionen geblieben. Er selbst habe „dort gestanden und Parolen gerufen, sonst nichts“. So hätten die Bildungsplangegner beispielsweise immer wieder „Schützt unsere Kinder“ skandiert, was die Gegendemonstranten sofort mit dem Ruf „Vor Euch selbst“ konterten. Dass die Justiz nun ausschließlich Gegendemonstranten in den Fokus nehme, sei inakzeptabel. Er werte dies als Versuch, diese von weiteren Protesten abzuhalten.

Die Staatsanwaltschaft hat 20 Strafbefehle beantragt

Nach Auskunft der Stuttgarter Staatsanwaltschaft wurden nach der Demonstration 20 Strafbefehle beantragt, alle gegen Gegendemonstranten wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. In Paragraf 21 dieses Gesetzes heißt es: „Wer in der Absicht, nichtverbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht oder grobe Störungen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Ob dies auf Oliver Kube zutrifft, muss nun das Gericht entscheiden. Der 24-Jährige verortet sich politisch „eher links von der Linken“, erzielte bei der Kommunalwahl im Mai ein überraschend gutes Ergebnis und ist seither der jüngste Stadtrat in Ludwigsburg. Verschiedene linke Gruppen aus der Region Stuttgart haben bereits angekündigt, anlässlich des bevorstehenden Prozesses eine „Kundgebung gegen Repression und für eine bunte und tolerante Gesellschaft“ zu organisieren.

Kube hat seit der Februar-Demo noch mehrere Mal gegen Bildungsplangegner protestiert, und wird sich davon wohl auch in Zukunft nicht abhalten lassen – egal wie der Prozess ausgeht. „Ich lasse mich nicht einschüchtern“, sagt er.