Der Ludwigsburger Eventmanager will mit Apps und Stadtführungen punkten, aber die Stadträte vermissen ein echtes Tourismuskonzept.

Ludwigsburg - Die Stadt Ludwigsburg soll zu einer Topmarke für Genuss und Kultur in der Region Stuttgart aufsteigen. Um diesem Ziel ein Stück näher zu kommen, sei die Präsenz der Stadt auf der Urlaubsmesse CMT (Caravan, Motor, Touristik) erhöht und die Zusammenarbeit mit der Regio-Marketing ausgebaut worden, sagte Holger Schumacher. Der Manager des städtischen Eigenbetriebs Tourismus und Events stellte im Wirtschaftsausschuss sein Tourismuskonzept vor. CDU, SPD und Linke hatten wenig auszusetzen, während Grüne, Freie Wähler und Liberale „echte Perspektiven“ vermissten.

 

Stückwerk

Die Übernachtungszahlen hätten sich seit 2004 nahezu verdoppelt, und dank zusätzlicher Smartphone-Apps sei die Städtereise nach Ludwigsburg attraktiver geworden. „Auch am Bahnhof ist es uns gelungen, einen Info-Point einzurichten. Dort haben wir jetzt einen Fuß in der Tür“, sagte Schumacher. Als Grundlage seiner Präsentation diente eine Vorlage von 2010 – erstellt von Thomas Schärer, dem einstigen Leiter des damals noch existenten Fachbereichs Film, Medien und Tourismus.

„Seither sind fünf Jahre vergangen, einiges daran ist sicher nicht mehr zeitgemäß“, meinte Elke Kreiser (CDU). Weil aber die Werbung mit der Regio-Marketing so gut funktioniere, sei man auf einem guten Weg. „Es wäre allerdings auch schön, wenn man den Info-Point am Bahnhof etwas deutlicher herausstellen könnte“ , sagte Kreiser.

Die Vorlage sei „ein Stückwerk“, herausgeklaubt aus „dem Steinbruch“ der Schärer’schen Powerpoint-Präsentation von 2010, kritisierte Michael Vierling (Grüne). Zu allem Überfluss seien die interessantesten Ansätze von damals – etwa die Einbindung der Film- und Theaterakademie in den Tourismus – inzwischen verworfen worden. „Wir überweisen Ihnen jedes Jahr Millionen, aber es gibt keine Fortschritte.“

Der Grünen-Stadtrat wünschte sich Auskünfte darüber, wie viele Gäste als Touristen und wie viele aus beruflichen Gründen in die Stadt kommen. „Wie viele Leute finden tatsächlich den Weg vom Schloss in die Stadt? Wie wird die Qualität unserer Gastronomie eingestuft? Gibt es auch Abfragen über die Zufriedenheit der Stadtbesucher?“ Er erkenne wohl die „Baustelle Tourismus“, vermisse aber etwas Perspektivisches, sagte Vierling: „Was wird eigentlich von uns fokussiert?“

„Fundamentale Kritik“

Auch Reinhardt Weiss (FW) hätte sich „mehr Indikatoren“ gewünscht. „Ihr Papier hätte man stark abspecken können, vieles davon ist überholt. Auch, dass es einen Zuwachs bei den Übernachtungen gibt, ist nicht allein auf dem Mist des Tourismusbetriebs gewachsen. Das meiste ist den Hoteliers zu verdanken“, schimpfte Weiss. „Wir haben vor drei Monaten ein Konzept eingefordert, nun legen Sie etwas vor, das es schon seit fünf Jahren gibt“, kritisierte auch Jochen Eisele (FDP). „Mir fehlt eine Leitpriorität.“ Wenn man Tourismus in der Stadt haben wolle, müsse ein Konzept her.

Oberbürgermeister Werner Spec verwahrte sich gegen die „fundamentale Kritik“ von Stadtrat Vierling. Wer mit offenen Augen durch die Stadt gehe, sehe, dass es schon deutliche Fortschritte gebe. „Mich wundert auch, dass Sie sich nicht mit dem Masterplan beschäftigten.“ Der sei jederzeit im Internet abrufbar und mache deutlich, dass es Fortschritte gebe. Die Stadtführungen erfreuten sich großer Beliebtheit, und „auch die Verdoppelung bei den Übernachtungen ist doch ein Wort“, sagte Spec. Solange der Gemeinderat nicht bereit sei, neue Stellen zu schaffen, seien Defizite unausweichlich. Weitergehende Maßnahmen seien nun einmal kostenintensiv.

Man könne nicht alles über Konzepte regeln, meinte Annegret Deetz (SPD). Trotz aller Attraktivität werde Ludwigsburg touristisch wohl nie mit vergleichbar großen Städten wie Heidelberg mithalten können.

Ärgerlich

Kommentar - Stadtrat Michael Vierling mag seine Kritik etwas pauschal und wenig diplomatisch vorgetragen haben, aber das bedeutet nicht, dass sie in keinem Punkt zutrifft. Und erst recht nicht, dass der Rathauschef schon aus dem Schneider ist, wenn er dessen Einwände mit Hinweisen auf fehlendes Personal und gute Übernachtungszahlen kontert. Spec macht es sich zu leicht, wenn er den Grünen als Buhmann abtut, denn der ist wahrlich nicht als Einziger unzufrieden. Auch von Seiten der Freien Wähler und der Liberalen kamen massive Unmutsbekundungen. Auch sie vermissen erste Ergebnisse und Visionen für die nächste Zukunft. Und das zu Recht.

Der OB hat den Eigenbetrieb und den dazugehörigen Manager durchgeboxt, nun gibt es so etwas wie eine Bringschuld: Sein Mann muss liefern, sein Konzept muss endlich Früchte tragen. Seit drei Jahren wird viel Geld in diesen jüngsten städtischen Betrieb gepumpt, da ist es nur billig, nach einem Mehrwert zu fragen.

Auch wenn man in Rechnung stellt, dass der Eigenbetrieb einen schweren Start erwischt hat – samt Wechsel an der Spitze: Inzwischen sollte man mehr erwarten dürfen als ein paar nette Absichtserklärungen und die ewigen Verweise auf Kostümführungen und Smartphone-Apps vom Weihnachtsmarkt. Als könnten die ein schlüssiges Konzept ersetzen. Mag sein, dass sich seit 2013 einiges im Bereich Veranstaltungen getan hat, auf dem Sektor Tourismus muss der Eigenbetrieb noch liefern. Was der Manager dazu im Ausschuss zu sagen hatte, hätte auf eine halbe DIN-A4-Seite gepasst.