Was klingt wie der Bauchladen eines Alchemisten sind die Mittelchen, mit denen Biowinzer ihre Reben vor Schädlingen schützen dürfen. Im Ludwigsburger Musikhaus haben sie ihre Produkte vorgestellt.

Ludwigsburg - Die Zeiten, in denen Biowein der Nimbus von Wollsocken anhaftete, sind längst vorbei, findet Ralph Dejas. Muss er auch, denn er ist Geschäftsführer von Ecovin, dem Bundesverband für ökologischen Weinanbau. „Die Branche hat erkannt, dass man gute Weine auch auf ökologischem Weg produzieren kann“, sagt Dejas. Das sei weder dogmatisch, noch brauche es dafür Hexerei. Zwölf Winzer aus Baden und Württemberg, darunter zwei aus dem Landkreis Ludwigsburg, finden das auch und haben deswegen ihre Bioweine am Sonntag in der Ludwigsburger Musikhalle vorgestellt.

 

Um Biowein ranken sich viele Gerüchte: beispielsweise, dass er teurer sei als herkömmlich hergestellte Weine, da der Arbeitsaufwand für die Winzer höher sei und das Risiko eines Ernteausfalls größer, da man keine Herbizide verwenden darf. Das stimme nur zum Teil, sagt Ecovin-Chef Dejas. Zwar sei der Arbeitsaufwand zum Teil tatsächlich höher, man müsse nämlich die Reben genauer beobachten. Dennoch sei man gegenüber Schädlingen wie beispielsweise der Kirschessigfliege nicht vollkommen wehrlos, auch wenn man keine chemische Keule habe. Man behelfe sich unter anderem mit dem Sprühen von Kupfer- und Schwefelverbindungen oder Gesteinsmehl.

Biowinzer dürfen nur Kontaktmittel sprühen

Für Reinhard Schäfer aus Kleinbottwar war die Umstellung auf Bioweine vor sechs Jahren keine marktpolitische Entscheidung, sondern eine Überzeugungstat, wie er sagt. Schäfer bewirtschaftet fünf Hektar Rebflächen, in diesem Jahr hat er einen Preis für den besten Biowein in der Kategorie kräftige Rotweine gewonnen. Schäfer ist auch bei Ecovin aktiv. In Baden-Württemberg gibt es 16 Winzer, die Mitglied in dem Verband sind, in Deutschland sind es 240.

Der Hauptunterschied in der Herstellung von Biowein liege im Sprühen von Mitteln. Während man bei herkömmlichem Wein synthetische Mittel verwenden darf, die systemisch sind, sprich von den Pflanzen in den Stoffwechsel aufgenommen werden, dürfen Biowinzer nur Kontaktmittel auf die Oberfläche von Blättern und Trauben sprühen, dafür dann aber je nach Wetterlage häufiger, um zu verhindern, dass sich Pilze in der Rebe ausbreiten. Denn: „Wenn der Pilz mal drin ist, ist es für den Biowinzer zu spät“, sagt Schäfer.

Piwis brauchen weniger Pflege

Auch Andreas Roth vom Weingut Forsthof hat seinen Betrieb in Steinheim auf Bioweine umgestellt. Damit habe er neue Kunden gewonnen. Ein Biowein-Winzer müsse näher dran sein an der Natur und die Bedürfnisse der Reben feiner spüren, findet Roth. Mehr Aufwand bedeute der Biowein nicht automatisch. Schon länger arbeitet Roth mit Piwis, neuen, pilzwiderstandsfähigen Rebsorten, die weniger Pflege brauchen. Die Kunden müsse man dennoch aktiv von den Neuheiten überzeugen.

Die Weinexpertin Natalie Lumpp bietet derweil Weinproben in der Musikhalle an. Sie weiß: „Gute Winzer steigen über kurz oder lang alle auf Bioweine um.“ Aktuell seien acht Prozent der Reben in Deutschland ökologisch bewirtschaftet – Tendenz steigend. Das liege am gestiegenen Qualitätsanspruch der Kunden und am erhöhten ökologischen Gewissen der Winzer. Und schmeckt man den Unterschied auch? Lumpps Antwort ist eindeutig: „Ich würde mir keine Blindverkostung zutrauen.“