Die Freien Wähler möchten in Ludwigsburg die Street Art fördern. Doch wer soll bestimmen, was in die Stadt passt?

Ludwigsburg - Die Freien Wähler (FW) im Ludwigsburger Gemeinderat möchten mehr Kunst in die Stadt holen – um der Kunst, aber auch um der Touristen willen. Sie denken dabei vor allem an Werke der sogenannten Street Art: großflächige Malerei auf Häuserfassaden, die bisher vernachlässigt werden. Das Echo ist bei der Verwaltung und den anderen Fraktionen überwiegend positiv. Unklar ist allerdings, wer entscheiden wird, welches Kunstwerk zur Stadt Ludwigsburg passt. Am Dienstag diskutiert der Kulturausschuss des Gemeinderats über den Vorschlag.

 

Die Kulturamtsleiterin Wiebke Richert heißt Street Art grundsätzlich willkommen. Sie betrachtet solche Malereien jedoch als Teil eines umfassenderen Konzepts zur Kunst im öffentlichen Raum. Wozu neben Objekten, wie sie zuletzt beim Skulpturenpfad anlässlich des Jubiläumsjahrs 2009 zu sehen waren, auch Design und Stadtmöblierung gehören. „Kunst im öffentlichen Raum kann die Identifikation der Bürger mit ihrem Wohnort stärken und neue Perspektiven auf das alltägliche Stadtbild entwickeln“, meint Richert. Darüber, welche Werke wo ihren Platz finden könnten, solle eine Kommission entscheiden, die ähnlich wie der Gestaltungsbeirat für Architektur zusammengesetzt ist.

„Kunst ja“, sagt die SPD-Stadträtin Margit Liepins, „aber bitte nicht noch ein Beirat.“ Die Stadträte seien so schon überlastet wegen der vielen Gremien und Workshops, die sie abseits der regulären Sitzungen wahrzunehmen hätten. Der CDU-Sprecher Klaus Herrmann wollte sich nicht dazu äußern: „Wir müssen das erst in der Fraktion bereden.“ Edith Haberzeth-Grau sagt: „Wir sind sehr kunstaffin, aber es darf nicht sein, dass am Ende zwei oder drei Leute entscheiden, was gut ist für Ludwigsburg.“ Die Grünen-Stadträtin meint: „Des einen Freud’, ist des anderen Leid. Der eine bevorzugt Blümchenmuster, der andere eine Wand mit blauen und roten Quadraten.“

Der Gemeinderat müsse von Anfang bis Ende in den Prozess eingebunden sein, meint Gabriele Moersch (FW), die den Anstoß für die Debatte gegeben hat. Es dürfe nicht so sein, dass die Räte zu Statisten degradiert würden: „Es gibt in jeder Fraktion genügend Leute mit Kunstverstand.“ Diese sollten darüber befinden, was in diese Stadt passt – als Ergänzung oder auch Kontrast zum vorhandenen Barock. Sie könne sich durchaus vorstellen, dass an den Hauswänden etwas Modernes entsteht: „Ich denke aber nicht an Graffiti oder Sachen, die um jeden Preis provozieren wollen.“

Statt die Stadtgesellschaft zu spalten, solle die Stadt attraktiver gestaltet werden. Moersch kann sich vorstellen, dass Touristen zu den Stellen geführt werden, an denen großflächige Street-Art-Werke Eindruck machen. „Wir suchen doch immer nach Möglichkeiten, die Leute, die ins Schloss und ins Blühende Barock kommen, auch in die Stadt zu locken“, sagt die FW-Rätin. „Das wäre eine Möglichkeit dafür.“

Die Freien Wähler möchten nicht, dass ihr Vorstoß als Anlass genommen wird, um nun erneut über Kunst im öffentlichen Raum und die 2013 aus Kostengründen abgelehnte Fortsetzung der Kunst-Trienale – Stichwort: Skulpturenpfad – diskutiert wird. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, betont Moersch. „Uns ist es auch wichtig, dass das mit der Street Art keinesfalls teuer wird.“ Die Kulturamtsleiterin Richert möchte indes „schon gern wissen, wie das Projekt Kunst im öffentlichen Raum inzwischen gesehen wird“. Alle sollten sich – jenseits von Politik und von Kostenfragen – Gedanken darüber machen, wie der öffentliche Raum aussehen könnte.