Die Ludwigstafel feiert ihr 15-jähriges Bestehen mit einer Langen Tafel an der Evangelischen Stadtkirche. Jochen Brühl, der frühere Ludwigsburger und heutige Bundesgeschäftsführer der Tafeln, hob das Engagement in der Barockstadt besonders hervor.

Ludwigsburg - Der Erste Bürgermeister kam mit einem weinenden und einem lachenden Auge zum Fest der Ludwigstafel: „Eigentlich ist die Speisung ein Ausdruck von Armut“, sagte Konrad Seigfried. Andererseits sei in Ludwigsburg der Umgang damit ein Beispiel für eine funktionierende Stadtgesellschaft. Die Verantwortlichen des Ludwigstafel-Vereins hatten am Donnerstag anlässlich des 15-jährigen Bestehens Stammgäste sowie Freunde und Förderer zu einer Langen Tafel an der evangelischen Stadtkirche geladen.

 

Bei Gulaschsuppe und Käsestangen sollten die zusammenfinden, die ohnehin zusammengehören. Mit den Worten Konrad Seigfrieds sind das „die, die mit anpacken gegen das Ungleichgewicht, und die, die diese Chance nutzen“. Zu erwarten, dass der gesellschaftliche Antagonismus eines Tages nicht mehr bestehe, sei wohl illusorisch, meinte der Sozialbürgermeister: „Das wäre so etwas wie das Paradies.“ Umso wichtiger sei es deshalb klar zu machen, dass Armut nicht zwangläufig als individuelles Schicksal erfahren werden müsse, sondern als etwas, das alle angeht.

Nach höchstens zehn Jahren sollte wieder Schluss sein

Die Geschäftsführerin des Vereins, Anne Schneider-Müller, meinte: „An einem Geburtstag darf man sich etwas wünschen. Ich wünsche mir, dass wir nicht in zehn Jahren hier stehen und das 25-jährige Bestehen feiern werden.“ Sie erinnerte damit daran, dass sich die Ludwigstafel im Jahr 1999 gegründet hatte, um sich möglichst bald wieder aufzulösen. Nach höchstens zehn Jahren sollte wieder Schluss sein – in der Annahme, dass dann keine Notwendigkeit mehr bestehe. Doch das hat sich als Illusion erwiesen.

Der Landesvorsitzende der Tafeln erinnerte daran, dass das, was ursprünglich nur ein Nebeneffekt der Tafeln gewesen ist, mehr und mehr ins Zentrum rücke: „Wir lindern die Armut und retten damit Lebensmittel“, sagte Rolf Göttner. Weshalb die Läden inzwischen viel mit „Tafellogistik“ zu tun hätten: der Umverteilung großer Mengen zum Beispiel auf die 45 baden-württembergischen Tafelläden.

Die Ludwigstafel als bundesweites Vorbild

Jochen Brühl, der ehemalige Ludwigsburger und jetzige Bundesgeschäftsführer der Tafeln, lobte das Miteinander von Ehrerenamtlichen, Spendern und Bedürftigen. Dieses harmonische Zusammenspiel sei keineswegs selbstverständlich, „die Ludwigstafel ist da schon fast einzigartig“. Darum auch schicke die Berliner Zentrale gerne Anfänger zu Hospitationen in die Barockstadt. „Ich wünsche weiterhin allen Ehrenamtlichen viel Kraft und Energie.“

Zwar sei das Engagement der Ehrenamtlichen in Deutschland auch Ausdruck eines demokratischen Gestaltungswillens. Dennoch müssten dem Grenzen gezogen werden, sagte Brühl. Das habe er erst dieser Tage auf einem Treffen des Bundesverbands deutlich gemacht, als darüber beraten wurde, wie mit der für die nächsten Monate erwarteten Flüchtlingsflut umgegangen werden solle. „Damit wären viele Ehrenamtliche überfordert“, sagt der Bundesgeschäftsführer der Tafeln. „Denn hier geht es oft um Traumatisierte, um Menschen, die Schreckliches mitgemacht haben.“