Nicht nur in Stuttgart, auch in Ludwigsburg kommen Buchliebhaber auf ihre Kosten. Am Donnerstag beginnt in der Musikhalle die Antiquaria. Dort gibt es Stücke wie einen englischsprachigen „Struwelpeter“ zu kaufen. Der Preis: mehrere hundert Euro.

Ludwigsburg - Zum fünften Mal lockt die Ludwigsburger Antiquaria mit einem Rahmenthema: Der Schwerpunkt Fotografie, zu dem ein großer Teil der 58 Aussteller aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz einen Beitrag liefert, beeindruckt durch eine ungewöhnliche Bandbreite. Neben Fotoalben, die Reisen durch Städte und Landschaften dokumentieren – München, St. Moritz, Rom, Konstantinopel, China, Nubien, Siam oder das Heilige Land – gibt es von frühen Abzügen bis zu gegenwärtigen Kunstwerken alles, was das Herz begehrt. Eher zu den Kuriositäten zählt wohl das erste Fahndungsplakat des Bundeskriminalamts aus dem Sommer 1971, mit dem die „Baader/Meinhof-Bande“, genauer 19 „anarchistische Gewalttäter“, gesucht wurden. Das Ravensburger Antiquariat am Mehlsack bietet es für 400 Euro an.

 

Erotisches zeigt Daniela Kromp, nämlich Aufnahmen der Tänzerin Olga Desmond, auf denen „Preußens nackte Venus“ meistens nur einen Hüftgürtel trägt (880 Euro). Eine umfangreiche Sammlung mit Porträts des Schauspielers Harald Juhnke ist bei Rainer Kurz für 680 Euro zu haben. Beinahe zehnmal so teuer sind die zehn Alben mit Porträts aus dem europäischen Hochadel, die Michael Bauer für 6500 Euro verkaufen möchte.

Die großen Namen der Fotografiegeschichte sind natürlich präsent: ein reizvoller Albumin-Abzug von Eugène Atget, auf dem das Detail eines Weinladens zu sehen ist (bei Librairie Le Cadratin für 3500 Euro), sein „Lichtbilder“-Band (bei Contor für 1500 Euro) und die vierbändige Werkausgabe (400 Euro bei Wirkus). Von August Sander gibt es ein Buch mit „Rheinlandschaften“ (bei Küpper für 1000 Euro), von Albert Renger-Patzsch mehrere Publikationen und von Robert Doisneau einen Fotoband mit dem Titel: „1, 2, 3, 4, 5“ (bei Riepenhausen für 650 Euro). Das teuerste fotografische Werk ist eine Sammlung von annähernd 2000 Schwarz-Weiß-Fotografien von Erika Groth-Schmachtenberger, für die Daniel Osthoff 18 000 Euro verlangt. Als das längste Objekt kann man sicher den Katalog des Sowjet-Pavillons auf der internationalen Presse-Ausstellung Köln 1928 mit seinem 234 Zentimeter langen Leporello bezeichnen, das Petra Bewer für 4500 Euro im Angebot hat.

Mit nostalgischen Gefühlen

Etwas Besonderes ist ein Autochrom von etwa 1925, das Unikat eines ersten Farbfotos des Pariser Moulin Rouge von Léon Gimpel (bei Le Cadratin für 10 000 Euro). Vieles wäre zu erwähnen, Glasplatten-Negative aus dem Umfeld der Hesse-Familie, Fotografien aus den Gebieten Militär, Automobilität, Luftfahrt, Ethnologie und Anthropologie, Ornithologie und Pilzkunde, aber auch Porträtfotos von Samuel Beckett und Richard Strauss oder einen Stereo-Betrachter mit Motiven aus aller Welt. Angesichts der heutigen Bilderflut betrachtet man solche Exponate mit nostalgischen Gefühlen . . .

Dass unter den neun neuen Ausstellern in Ludwigsburg diesmal Inlibris aus Wien und Kotte Autographs aus Rosshaupten sind, hat einigen Wirbel in der Szene verursacht: In Stuttgart hätten sie nicht den gewünschten Standort erhalten, heißt es. In der Musikhalle finden sich deswegen nun erstmals Exponate im sechsstelligen Bereich: ein Brief von Martin Luther an den Kollegen Philipp Melanchthon (350 000 Euro) und der berüchtigte „Hexenhammer“ des Heinrich Institoris, das einzige bekannte Exemplar des Erstdrucks (85 000 Euro) sowie das Gesamtwerk von Thomas Bernhard in Erstdrucken, Widmungsexemplaren und Porträtfotografien (25 000 Euro). Zum Trost für Besucher mit schmalerem Geldbeutel sei gesagt, dass für wenige Hundert Euro wunderbare Bücher und Grafiken, Widmungsexemplare und Weltkarten, Karikaturen, Schmuckentwürfe und Farbholzschnitten aus Japan oder von HAP Grieshaber zu erwerben sind.