Das Landratsamt hat Vorschläge von allen Parteien des Kreistags für ehrenamtliche Richter gesammelt – auch von der AfD. Dass deren Namen auf der Liste stehen, sorgt für Kritik.
Eigentlich hätte der Tagesordnungspunkt der Kreistagssitzung am Freitag unspektakulär sein können: Die Kreisräte sollten eine Vorschlagsliste mit insgesamt 71 Personen, die als ehrenamtliche Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart infrage kommen, genehmigen. Dabei hat jede der im Kreistag vertretenen Parteien ein Vorschlagsrecht, abhängig von der Zahl ihrer Sitze.
Weil deshalb auch die AfD neun Kandidaten vorgeschlagen hatte, wollte der Bürgermeister von Murr, Torsten Bartzsch, eine Einzelabstimmung über jeden Kandidaten erreichen. „Ist es wirklich der Wunsch, Personen aus dem Kreis der AfD für ein solches Amt zu wählen, einer Partei, die laut Verfassungsschutz gesichert rechtsextremistisch ist?“, fragte er. Das wiederum rief Rainer Mehlitz von der AfD auf den Plan. „Kommen Sie endlich von diesen Vorverurteilungen runter!“, empörte er sich. Das Ganze sei eine „Diffamierung auf Anordnung von Frau Faeser“. Solange die Partei gewählt werden dürfe, habe man dieselben Rechte wie alle anderen Parteien.
Knappe Entscheidung
Landrat Dietmar Allgaier verwies auf die Rechtslage: Damit die Vorschlagsliste beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereicht werden kann, müssen mindestens zwei Drittel der anwesenden Kreisräte zustimmen.
Also kam es zur Abstimmung, die denkbar knapp zugunsten der Gesamtliste und damit der AfD ausfiel: 57 Kreistagsmitglieder stimmten für die Gesamtliste, 26 wollten einzeln abstimmen, zwei Kreisräte enthielten sich. Damit war die Zweidrittelmehrheit erreicht.
Es scheint, als ob sich die Landratsamtsspitze auf diese Abstimmung vorbereitet hat. Dafür spricht, dass der Punkt kurzfristig von der Tagesordnung des Verwaltungsausschusses am 7. Juli gestrichen wurde. Als Grund nannte Franziska Schuster, Sprecherin des Landratsamts, dass im Vorfeld der Ausschusssitzung die Frage aufgekommen sei, wie man vorzugehen habe, wenn die Gesamt-Vorschlagsliste nicht die vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit erhalte.
Oktober werden Richter gewählt
„Da diese Frage zum ersten Mal aufkam, wurde der Tagesordnungspunkt vertagt und das Wahlverfahren geklärt“, so Schuster. „Hätte die Gesamtliste keine Zweidrittelmehrheit bekommen, hätte per Wahl jede vorgeschlagene Person eine Zweidrittelmehrheit erreichen müssen.“ Im Übrigen sei eine Vorberatung im Ausschuss vor der Beschlussfassung im Kreistag auch nicht zwingend notwendig.
Wer von den Vorgeschlagenen tatsächlich ehrenamtlicher Richter am Verwaltungsgericht Stuttgart wird, entscheidet der dort gebildete Wahlausschuss im Oktober dieses Jahres.