Weniger Christbaumschmuck, mehr Gastro: Der Ludwigsburger Weihnachtsmarkt hat sich seit der Premiere im Jahr 1974 spürbar verändert. Wir blicken zu den Anfängen zurück.

Ludwigsburg: Sabine Armbruster (sar)

Man schrieb das Jahr 1974, als eine clevere Idee des damaligen Leiters des städtischen Verkehrsamts, Friedhelm Horn, in die Tat umgesetzt wurde: Ludwigsburg bekam zum ersten Mal nach dem Krieg einen richtigen Weihnachtsmarkt. Der fing vergleichsweise bescheiden mit rund 80 Ständen an, was auch geraume Zeit so blieb. Zunächst waren Buden in der Fußgängerzone Kirchstraße, im Fußgängerbereich der Asperger Straße und – nach deren autofreier Umgestaltung – auch in der Seestraße aufgestellt. Das Angebot war eine Mischung aus Weihnachts- und Krämermarkt. Alte Fotos zeigen neben weihnachtlichem Schmuck auch Stände mit Korbwaren, Fellen, Gürteln, Magenbrot, türkischem Honig auch den Imbissstand eines Metzgers. Sogar ein Karussell drehte sich damals schon.

 

Auf dem Marktplatz hätte man noch keinen Weihnachtsmarkt aufbauen können. Der war noch Parkplatz und wurde zur Weihnachtszeit lediglich mit vier großen Christbäumen zwischen Stadtkirche und katholischer Kirche geschmückt. An Giebeln und Dachtraufen der umliegenden Häuser hingen Ketten mit Glühlampen. Nachdem die Autos verbannt und der Marktplatz neu gestaltet worden war, zog der Weihnachtsmarkt 1992 an den heutigen Standort um. Allerdings habe er zunächst nur eine Hälfte des Platzes belegt, sagt Simon Karzel, der Leiter des Stadtarchivs – und zwar die Osthälfte vor der katholischen Kirche. Der Rest wurde von den Händlern des Wochenmarkts beansprucht.

Breitere Gassen, weniger Gedränge auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt

Doch schon ein Jahr später, so Karzel weiter, habe man damit begonnen, die neue Konzeption der Ludwigsburger Stadtmarketing (LUST) umzusetzen. Ein bis heute charakteristischer Bestandteil: die barocke Dekoration des Künstlers Jörg Schumacher alias Dimodo. Außerdem gab es mehr Werbung und eine attraktivere Gestaltung für Touristen. Der Vorgang sei erst 1994 ganz abgeschlossen gewesen, sagt der Leiter des Stadtarchivs.

Viele Besucher jener Zeit lobten nicht nur die besondere Gestaltung mit den riesigen leuchtenden Engelsfiguren, sondern auch das aufgrund der breiteren Gassen verhältnismäßig geringe Gedränge. Und das Angebot, das deutlich mehr als etwa der Stuttgarter Weihnachtsmarkt von Kunsthandwerk und typisch Weihnachtlichem geprägt war. Im Lauf der Jahre hat sich aber auch das verändert. Wer heute etwa klassische Krippenfiguren sucht, wird kaum fündig werden. Und auch der Stand mit weihnachtlichem Kunsthandwerk aus dem Erzgebirge ist nicht mehr zu finden, ebenso wenig die Waffelbäckerei. „Bei beiden ist uns bekannt, dass sie altershalber aufgehört haben“, sagt Mario Kreh, der Geschäftsführer des städtischen Eigenbetriebs Tourismus und Events. Was statt dessen ins Auge fällt, ist, dass das Gastro-Angebot gewachsen ist.

Schon am ersten Tag war der Weihnachtsmarkt gut besucht. Foto: Simon Granville

Gastro will mehr Fläche auf dem Weihnachtsmarkt bespielen

„Tatsächlich haben wir eine leichte Verschiebung in diese Richtung“, bestätigt Kreh. Vor Corona habe es etwa zehn Verkaufsstände mehr gegeben, seit 2023 liege man im Bereich von 85 bis 90 Ständen. Im Gegenzug habe sich die Zahl der Gastronomen um etwa fünf auf jetzt 40 erhöht – mehrheitlich Stände der Anrainer-Gastronomen. Und: „Es sind gerade die Gastro-Stände, die zwischenzeitlich mehr Fläche bespielen wollen.“ Deshalb, so Kreh weiter, würde man die 160 bis 170 Stände, die noch vor Corona auf dem Barockweihnachtsmarkt zu finden gewesen sind, heute gar nicht mehr alle unterbringen. Aktuell sind es 140 bis 150 Stände.

Generell gebe es weniger Bewerber um einen Stand als noch vor wenigen Jahren. Zum einen habe das mit der Coronazeit zu tun, aber dem einen oder anderen Traditionsstandbetreiber mache auch zunehmend das Alter zu schaffen. Und die Suche nach Nachfolgern sei auch in dieser Branche nicht einfach. Hinzu kommt, dass Tourismus und Events nicht jeden Bewerber zulässt: „Wir legen zum einen Wert auf eine hohe Qualität, bestmöglich kombiniert mit Nachhaltigkeit und Regionalität. Außerdem achten wir auf eine Ausgewogenheit der Händler. Das gleiche Angebot sollte nicht zu oft zu finden sein“, erklärt Kreh.

Dennoch arbeite man bei der Platzvergabe nach einem Punktesystem. Eine Rolle spiele dabei beispielsweise die Qualität des Angebots, die Beschaffenheit der Hütte oder auch die Nachhaltigkeit. „Aber auch die Frage, wie lange dieser Stand schon Händler bei uns ist.“ Heißt: Im Zweifelsfall haben treue Kunden die besseren Karten.

Übrigens haben auf dem Ludwigsburger Weihnachtsmarkt auch Vereine eine Chance. Doch der einzige, der diese während der ganzen Veranstaltung nutzt, ist der Jugendfarm-Verein. „Für viele andere Vereine ist es schwer, für 25 bis 30 Tage ausreichend ehrenamtliches Personal zur Betreuung der Stände zu bekommen“, weiß Kreh. Deshalb könnten diese sich zum Selbstkostenpreis tageweise in einen der drei sogenannten „Wechselstände“ einmieten, wobei einer den Schulklassen vorbehalten sei.