Statt eines Neujahrsempfangs im Stuttgarter Rathaus lud die SÖS zur Anti-Feinstaub-Demo ans Neckartor. Rund 250 Bürger kamen und sorgten für die erste Straßensperrung im neuen Jahr.

Stuttgart - Normalerweise finden Neujahrsempfänge der Stuttgarter Parteien im Rathaus statt. Nicht so beim Bündnis Stuttgart-Ökologisch-Sozial (SÖS): Das hatte seinen Jahresauftakt kurzerhand als Anti-Feinstaub-Demo am Neckartor umdeklariert, und rund 250 Bürger waren der Einladung gefolgt.

 

Bei der Auftaktkundgebung gegenüber der Schadstoffmessstation am Neckartor beklagte der Fraktionschef von SÖS/Linke-plus, Hannes Rockenbauch, eine „mut- und fantasielose Politik im Rathaus bezüglich der Stuttgarter Luftreinhaltung“. Trotz kleiner Fortschritte sei das Verkehrsproblem noch lange nicht gelöst. Rockenbauch sprach sich unter anderem für eine Citymaut sowie den Rückbau von Straßen im Stadtgebiet aus. Auch der frühere Grünen-Stadtrat und Rechtsanwalt Roland Kugler, der die klagenden Anwohner vor Gericht vertritt, hält eine Reduzierung der Fahrstreifen auf mehrspurigen Strecken für ein probates Mittel, um die Luftbelastung zu reduzieren. Kugler forderte zudem das Land auf, auf Landesstraßen in Stuttgart eine Citymaut einzuführen – für Bundesstraßen wie die B 14 ist der Bundesgesetzgeber zuständig. Nach Kuglers Angaben würde sich eine solche Landesmaut auf etwa 90 Prozent der Verkehrsteilnehmer auswirken. Das eingenommene Geld könne in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gesteckt werden. Der Anwalt beklagte zudem, dass das Thema Luftverschmutzung derzeit vor allem die Verwaltungsgerichte beschäftige: „Es wäre aber Aufgabe der Politik, zu entscheiden.“

Wind bläst Feinstaub aus dem Talkessel

Anschließend marschierte der Demonstrationszug auf der Cannstatter Straße zur Mooswand. Die Bundesstraße war zu diesem Zweck stadteinwärts für rund zwei Stunden gesperrt worden.

Bereits im Vorfeld hatte die Feinstaubdemo in den sogenannten sozialen Netzwerken heftige und teilweise aggressive Reaktionen von Autofahrern hervorgerufen. Einige kündigten an, in den nächsten Tagen ein paar Extrarunden am Neckartor drehen zu wollen – darunter pikanter Weise auch der Kreisgeschäftsführer der Stuttgarter CDU, Bastian Atzger. Seine Partei vertritt zumindest im Gemeinderat eine eher pragmatische Linie in Sachen Luftschadstoffbekämpfung.

Unterdessen hat nach Angaben des deutschen Wetterdienstes kräftiger Wind dafür gesorgt, dass der durch das Feuerwerk verursachte Feinstaub der Silvesternacht aus dem Stuttgarter Talkessel geblasen wurde. Die Werte am Neujahrstag lagen weit unter den von der EU festgelegten Grenzwerten.