Das Land stellt ein detailreiches Luftbild von Baden-Württemberg aus 1968 ins Netz. Man kann daran ablesen, wie sich der Südwesten in den letzten 50 Jahren entwickelt hat. Warum aber sind so viele Stellen in dem alten Luftbild geschwärzt?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Für Nutzer digitaler Navigationsdienste wie Google Maps sind Satelliten- und Luftbilder längst Teil des digitalen Alltags. Erstellt, beziehungsweise beauftragt werden sie aber nicht von den US-Internetfirmen, sondern oftmals von Behörden – in Baden-Württemberg etwa vom Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL).

 

Baden-Württemberg wurde im Frühjahr 1968 erstmals systematisch und vollständig aus der Luft aufgenommen – damals wollte man eine Straßendatenbank für das Land erstellen. Das LGL hat mit dem Landesarchiv die knapp 20 000 damals erstellten Schwarz-Weiß-Fotos des „Straßendatenflugs“ zu einem einzigen, durchgängigen Bild zusammengefügt. Dieses sogenannte Orthophoto ist hochauflösend im Online-Landeskundeportal Leo-BW abrufbar.

Der Zustand von 1968 kann mit aktuellen Luftbildern verglichen werden. Das ermöglicht neue Einblicke in die Entwicklung des Landes. An vielen Stellen sind seither Wiesen und Felder zu Häusern und Straßen geworden. Die Luftbilder machen die Zersiedelung (respektive Entwicklung) des Landes nachvollziehbar.

Warum wurde da geschwärzt?

Wer sich das Luftbild von 1968 genau ansieht, entdeckt etliche von Hand geschwärzte Stellen. „Die dafür maßgeblichen Kriterien sind unbekannt“, heißt es auf der LGL-Website, „zudem ist unklar, durch wen und auf wessen Veranlassung sie erfolgten“. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde kritische militärische Infrastruktur von den Luftbildern getilgt – etwa der Flughafen Friedrichshafen, das Munitionslager im oberschwäbischen Levertsweiler (Kreis Sigmaringen) oder das Treibstofflager Bodelshausen (Kreis Tübingen), das Teil des europaweiten Pipeline-Netzes der Nato ist.

Luftbilder gibt es seit mehr als 100 Jahren

Aus Ballonen heraus wurden bereits im 19. Jahrhundert Luftbilder erstellt. Später hoben Drachen, Tauben und sogar sogenannte „Fotoraketen“ ab. Nach 1910 entstanden erste Luftbilder von Baden-Württemberg. Von 1934 an wurden einzelne Landesteile beflogen, im Krieg machten alliierte Aufklärungsflieger regelmäßig Aufnahmen und seit den 1950ern spezialisierte Firmen im Auftrag einzelner Kommunalverwaltungen. Mittlerweile finden jährlich Befliegungen statt, teils sogar mit einer landeseigenen Drohne. Und: es wird digital fotografiert.

Die Luftbilder von 1968 sind freilich noch auf Film festgehalten. Den Aufwand für die Digitalisierung in Höhe von 400 000 Euro hat, von den Personalkosten abgesehen, das Bundesforschungsministerium übernommen. Die Bestände zu digitalisieren, sei mittlerweile „eine unserer wesentlichen Aufgaben“, sagte der Präsident des Landesarchivs Gerald Maier bei der Präsentation des neuen Angebots am Donnerstag. 14 Millionen Digitalisate aus dem Bestand des Landesarchivs seien bereits online verfügbar.

Luftbilder werden von der Verwaltung oft verwendet, sind aber auch bei Bürgerinnen und Bürgern beliebt. Derzeit kann lediglich das zusammengefügte 1968er-Luftbild im Netz betrachtet werden. Bis Jahresende sollen auch die zugrunde liegenden Einzelaufnahmen zum Download bereitstehen. Das ist insofern besonders, als die meisten anderen Luftbilder nur gegen Gebühr vom LGL zu beziehen sind. Sie sollen künftig zumindest leichter durchsucht werden können. Das LGL entwickelt hierzu einen „Digitalen Luftbildatlas“, in den auch historische Luftbilder aus der Zeit nach 1968 einfließen sollen.

Einen mehr als 1000 Fotos umfassenden Bestand historischer Luftbilder für Stuttgart haben wir im Projekt „Stuttgart von oben“ verwertet.