Zum Wochenende hin sind die Feinstaubwerte nicht nur am Stuttgarter Neckartor sehr hoch – sondern im ganzen Land. Das ist ziemlich ungewöhnlich.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Am Donnerstag und Freitag war in Baden-Württemberg flächendeckend zu viel Feinstaub in der Luft. Nicht nur am für seine notorisch hohen Feinstaubwerte bekannten Neckartor in Stuttgart, sondern auch in Friedrichshafen, Pforzheim, Weil am Rhein oder Ulm lagen die Werte teils deutlich über den von der EU erlaubten 50 Mikrogramm im Tagesmittel.

 

Abseits der stark befahrenen Hauptstraßen misst die staatliche Landesanstalt für Umwelt (LUBW) auch an „Hintergrundmessstellen“, also etwa in Wohngebieten. An der Messstelle in Filderstadt-Bernhausen in der Heubergstraße wurde am Donnerstag der höchste Feinstaubwert abseits von verkehrsnahen Stationen ermittelt. Hier wurden im Tagesschnitt 67 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter Luft gemessen, wie aus dieser Übersicht hervorgeht. Die Feinstaubwerte steigen demnach seit Wochenbeginn an allen Messstellen kontinuierlich. Immer mehr Feinstaub sammelt sich an; mittlerweile liegt Baden-Württemberg unter einer regelrechten Feinstaubwolke.

Sämtliche amtliche Messstellen sind auf einem neuen Kartendienst der LUBW versammelt. Demnach lagen die 24-Stunden-Mittelwerte nur im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb sowie in Villingen-Schwenningen unterhalb der erlaubten Obergrenze.

Die Region Stuttgart färbt sich im Feinstaubradar von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten am Freitag tieflila ein. Hunderte von Bürgern aufgehängte Sensoren messen die Feinstaubbelastung flächendeckend – und ergeben dasselbe Bild wie die Messungen der LUBW: derzeit ist viel zu viel Feinstaub in der Luft.

Wie sich die Feinstaubwerte an Ihrem Ort entwickeln, zeigt unser Feinstaubradar – live.

Ungewöhnliche Situation

Dass die Grenzwerte flächendeckend überschritten werden, ist äußerst ungewöhnlich – und hat mit der aktuellen Wetterlage zu tun, die den Feinstaub in Bodennähe hält. Die fürs Wochenende erwarteten Niederschläge werden zumindest in Stuttgart kaum ausreichen, die Werte wieder unter die Grenzwerte zu drücken, sagte eine Meteorologe des Deutschen Wetterdiensts der Nachrichtenagentur dpa. Die Feinstaubwerte seien derzeit „bedenklich hoch“.

Der Verkehr – und hier vor allem Bremsvorgänge oder der Reifenabrieb – ist für etwa die Hälfte der Feinstaubbelastung verantwortlich. Die sogenannte Hintergrundbelastung durch an anderen Orten entstandene Stäube macht ein knappes Drittel aus. Der Rest des Feinstaubs kommt von Feuerungsanlagen, also etwa Heizungen.

Wenn die Feinstaubpartikel in die Atemwege eindringen, können die Schleimhäute gereizt und Entzündungen hervorgerufen werden. Partikel setzen sich unter Umständen in der Lunge fest und schädigen diese dann langfristig. Laut einer Langzeitstudie ist Feinstaub weltweit der fünftgrößte Risikofaktor für vorzeitige Todesfälle. Bei sehr hohen Werten wie derzeit in Baden-Württemberg sollten besonders ältere und für Atemwegs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen anfällige Personen versuchen, so wenig wie möglich Zeit an der (eben nicht so) frischen Luft zu verbringen.

Der in Stuttgart ausgerufene Feinstaubalarm könnte laut Deutschem Wetterdienst noch bis Mitte nächster Woche gelten.