Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ruft Kommunen zur Teilnahme an Förderprogrammen auf und will keine Nachrüstung für alte Autos und keine Fahrverbote. Er warnt davor, „den Erfolg der Leitindustrie durch Fahrverbote aufs Spiel zu setzen“.

Berlin/Stuttgart - Das Bundesverkehrsministerium setzt beim Kampf gegen die Schadstoffbelastung in den Städten auf die rasche Erneuerung der Fahrzeugflotte und auf eigene Förderprogramme. „Wir wollen durch die Umstiegsprämien der Hersteller die Modernisierung des Fahrzeugparks, wir wollen keine Nachrüstung für alte Autos und keine Fahrverbote“, sagte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Donnerstag vor der Presse in Berlin.

 

Gegen die auch von Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) propagierte Hardware-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen gebe es „technische, rechtliche und finanzielle Vorbehalte“, so Scheuer. Der Bundesverkehrsminister nahm die Hersteller in Schutz. Über die beim Dieselgipfel von der Autoindustrie zugesagten 250 Millionen Euro hinaus hätten die Hersteller Softwareupdates zu bewerkstelligen und gewährten Prämien. Diese, so Fachleute aus Scheuers Haus, bedeuteten ein „ganz erheblicher Beitrag, der natürlich auch den Absatz ankurbelt“. In Stuttgart wurden laut Zahlen des Ministeriums bisher 10 547 Diesel mit einem Softwareupdate nachgerüstet. Wie viele noch fehlen, kann das Ministerium nicht sagen, bundesweit sei die Nachrüstung aber zu mehr als 90 Prozent erfüllt und dauere an. Insgesamt gibt es für 5,3 Millionen Dieselfahrzeuge freiwillige und verpflichtende Rückrufe. Sie sollen den Stickoxidausstoß um bis zu 30 Prozent mindern.

Minister setzt auf Förderprogramme

Im Jahr 2017 gab es laut Umweltbundesamt in 66 Städten eine Grenzwertüberschreitung beim Stickstoffdioxid, also mehr als die erlaubten 40 Milligramm im Jahresmittel. 2020 werden es laut Verkehrsministerium weniger als zehn Städte sein. Dafür sorgt laut Scheuer auch das vorläufig mit einer Milliarde Euro dotierte und bis 2020 reichende Bundesprogramm für saubere Luft. Damit werden zum Beispiel die Nachrüstung von Dieselbussen (107 Millionen Euro) und die E-Mobilität gefördert. Für den Auf- und Ausbau der Elektromobiliät wurden bis zum Fristende 31. Januar 430 Anträge eingereicht. Ob das Fördergeld in jedem Programm ausreicht, ist unklar, es könnte aber umgeschichtet werden. Scheuer rief die Kommunen dazu auf, Anträge zu stellen.

Zu den in Stuttgart geplanten Diesel-Fahrverboten vom 1. Januar 2019 an sagte Scheuer, dass sein Haus auf die Urteilsbegründung warte. Er warnte davor, „den Erfolg der Leitindustrie durch Fahrverbote aufs Spiel zu setzen“. Fachbeamte sagten, es sei „verfrüht, schon jetzt über die Sperrung einer ganzen Großstadt zu spekulieren“. Die Frage sei, ob das Bundesverwaltungsgericht weitere Hinweise zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebe. Bisher ist bekannt, dass Euro-5-Diesel frühestens zum 1. September 2019 ganzjährig in ganz Stuttgart ausgesperrt werden dürfen, Diesel bis Euro 4 und Benziner bis einschließlich Euro 2 früher. Das Urteil wird vor Pfingsten erwartet.

Stuttgart hat mit 78 Mikrogramm im Jahresmittel nach München die zweithöchste Stickoxidbelastung im Bundesgebiet. Immer wieder zur Debatte steht die Lage der Messstellen, vor allem der am Neckartor. Scheuers Experten halten von einer Verschiebung der Geräte nichts. Das werde Stuttgart „nicht zum Gewinner machen“, man plädiere „nicht für Kosmetik“.