Die städtischen Verkehrsbetriebe versuchen Stuttgarts Innenstadt von Luftschadstoffen zu entlasten. Sie setzen dort nur noch emissionsarme Linienbusse ein. Die bisher genutzten Busse fahren draußen.

Stuttgart - Die Linienbusse sollen im Stuttgarter Talkessel künftig weniger Schadstoffe in die Luft pusten, die entlang der Hauptstraßen häufig noch zu sehr mit Feinstaub und vor allem mit Stickstoffdioxid (NO2) belastet ist. Mit dem Fahrplanwechsel am kommenden Sonntag geht bei der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) ein Fahrzeugwechsel einher: Im Talkessel, der nach SSB-Lesart den Innenstadtbezirken entspricht, sollen nur noch emissionsarme Linienbusse verkehren, und zwar auf allen mit der Ziffer 4 beginnenden Innenstadtlinien.

 

Bei den 70 Fahrzeugen handelt es sich um Diesel-Hybridbusse, Brennstoffzellen-Hybridbusse und Busse nach Euro-6-Norm. Sie sind mit einem Signet gekennzeichnet, das einen Ast mit Blättern und ein eingeschlossenes Herz darstellt. Die Busse sind Teil der 257 Fahrzeuge zählenden SSB-Flotte. Davon entsprechen 111 Busse der Abgasnorm EEV („Enhanced Environmentally Friendly Vehicle“, was etwas emissionsärmer ist als die Umweltnorm Euro 5). 69 Fahrzeuge entfallen auf die modernste Abgasnorm Euro 6 und 50 Busse auf Euro 3. Dazu kommen 23 Diesel-Hybridbusse und vier Brennstoffzellen-Hybridbusse. Die Euro-3-Busse, die den größten Schadstoffausstoß der Flotte haben, sollen 2018 und 2019 durch umweltfreundlichere Fahrzeuge ersetzt werden.

Busse pusteten in der Innenstadt zwölf Tonnen Stickoxide aus

Wie stark sich die Belastung im Kessel verringert, will Wolfgang Arnold, technischer Vorstand der SSB, nicht beziffern. Die Verbesserung sei aber beträchtlich, da müsse man sich nur die Unterschiede im Ausstoß vor Augen führen: „Der Ausstoß von Stickoxid liegt bei Bussen der Abgasnorm Euro 3 bei 20 Gramm pro Kilometer, bei Euro-6-Bussen bei 0,3 Gramm. Die EEV-Busse liegen irgendwo dazwischen.“ Dass in den Außenbezirken die Busse fahren, die im Talkessel abgezogen werden, will Arnold nicht als Benachteiligung werten. Erstens habe man die gesamte Flotte bereits 2008 stark nachgerüstet und für die grüne Plakette fit gemacht. Zweitens würden bereits in zwei Jahren keine Euro-3-Busse mehr in Stuttgart fahren und die gesamte Flotte werde ohnehin jedes Jahr verjüngt. Im städtischen Umweltamt wird der Fahrzeugtausch als Schritt in die richtige Richtung betrachtet, um die besonders unter dicker Luft leidende Innenstadt zu entlasten. Was die Busse draußen auspusten, komme durch den horizontalen Luftaustausch teilweise auch in der Innenstadt an und sei dort Teil der sogenannten Hintergrundbelastung der Luft, räumte man im Amt ein.

Im Entwurf des neuen Luftreinhalteplans Stuttgart steht, dass die SSB allein im Talkessel pro Jahr rund drei Millionen Buskilometer abspult und dabei bisher ungefähr zwölf Tonnen Stickoxide (NOx) verursacht haben dürfte, im Stadtgebiet Stuttgart mit rund zehn Millionen Buskilometern ungefähr 40 Tonnen. Zum Vergleich: 2014 soll der gesamte Verkehr in Stuttgart 1504 Tonnen NOx ausgestoßen haben.

SSB liebäugelt mit sauberem Kraftstoff statt Diesel

Ein Linienbus schluckt etwa 50 bis 70 Liter auf 100 Kilometer. Der Jahresbedarf der SSB liegt bei sieben Millionen Litern Diesel. Daher überlegt man bei der SSB, die Busse mit einem weniger schadstoffträchtigen synthetischen Kraftstoff zu betanken. Zurzeit laufe der abschließende Test, meldeten die Stuttgarter Nachrichten.

Den Stickoxidausstoß bei EEV-Bussen hoffen die SSB um etwa 15 Prozent senken zu können, bei den Euro-6-Bussen ebenfalls Reduzierungen erreichen zu können. Dafür ist mit Mehrkosten zu rechnen, die nach SSB-Schätzungen bei 700 000 Euro liegen. 2016 hatte die SSB rund 6,9 Millionen Euro aufgewendet. In der Fachwelt gibt es allerdings auch kritische Fragen, sofern der Kraftstoff – wie der von den SSB angepeilte – aus Gas hergestellt wird. Das erfolgt mit Stromeinsatz. Stammt der Strom nicht aus erneuerbaren Energien, fällt die Gesamtbilanz des Kraftstoffs beim Treibhausgas Kohlendioxid sehr ungünstig aus. Ein auf andere Weise aus Abfall- und Reststoffen produzierter Synthetikdiesel wird bereits mit Fahrzeugen auf dem Vorfeld des Flughafens getestet. Die Firma Tool Fuel, die den sogenannten C.A.R.E-Diesel vertreibt, wirbt mit einer Reduzierung der Stickoxide um etwa 35 Prozent, wenn die Motorsteuerung dafür optimiert ist, und des Feinstaubs um etwa 30 Prozent. Die Reduzierung des Kohlendioxids im Vergleich zum Diesel betrage 80 bis 90 Prozent, sagte ein Sprecher, bei den anders hergestellten Konkurrenzprodukten gehe es um 55 bis 60 Prozent.