Zum Prozess um das von der Deutschen Umwelthilfe geforderte totale Diesel-Fahrverbot werden zahlreiche Zuschauer erwartet. Mit einem Urteil will sich das Gericht noch etwas Zeit lassen.

Stuttgart - Bei dem mit Spannung erwarteten Prozess an diesem Mittwoch um mögliche Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in der Landeshauptstadt rechnet das Verwaltungsgericht in der Augustenstraße 5 mit einem größeren Ansturm. Für den um 13.30 Uhr beginnenden Prozess, in dem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) das Land darauf verklagt, die europaweit gültigen Stickstoffdioxid-Grenzwerte einzuhalten und dazu ein absolutes Diesel-Fahrverbot zu verhängen, werden von 12 Uhr an Platzkarten ausgegeben. Insgesamt zählt der Saal 5 rund 100 Sitzplätze. Von den am Verfahren Beteiligten wurden 31 Personen angemeldet. Eine Anmeldung ist für Zuschauer nicht möglich. Mit einem Urteil könne am Mittwoch nicht gerechnet werden, so eine Gerichtssprecherin.

 

Land setzt auf Nachrüstung

Kurz vor der Verhandlung hat die Bürgerinitiative Neckartor, deren Mitglieder sich seit Jahren auch mit Klagen für schnell wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung einsetzen, die im neuen Luftreinhalteplan gemachten Vorschläge kritisiert. Sie seien „unzureichend und ungeeignet“ um die verbindlichen EU-Grenzwerte einzuhalten. Um die Bevölkerung schnell zu schützen, seien massive Beschränkung der Schadstoffquellen zu erreichen. Im Luftreinhalteplan seien umfangreiche und unverhältnismäßig großzügige Ausnahmeregelungen bei Fahrverboten vorgesehen. Diese Verbote müssten konsequent auf allen Durchgangsstraßen durchgesetzt werden, fordert die Initiative. Die Automobilindustrie sei kein guter Partner zur Lösung von Abgasproblemen. Sie habe Verbraucher getäuscht und betrogen.

Der Kreisverband Stuttgart im Verkehrsclub Deutschland fordert, die nach Stuttgart strömende Automenge durch Pförtnerampeln zu regeln, sofern Fahrverbote nicht möglich sein sollten. Die Landesregierung hat diese im Entwurf des neuen Luftreinhalteplans zwar vorgesehen, hat aber nach einem Hinweis des Bundesverkehrsministeriums wegen der unklaren Rechtslage davon Abstand genommen. Der Luftreinhalteplan könnte nach einem Urteil angepasst werden. Die Landesregierung setzt neben der Nachrüstung von Dieselfahrzeugen auf die Einführung der Blauen Plakette für schadstoffarme Diesel und Benziner. Zur Nachrüstung tagt das nationale Forum Diesel am 2. August mit Ministerpräsidenten, Bundesministerien und Autoherstellern.

Bayer setzt ebenfalls auf zügige Nachrüstung

Wie Baden-Württemberg setzt auch Bayern auf eine zügige Nachrüstung von Euro-5-Dieselautos, Kaufanreize für neue Diesel-Fahrzeuge, eine massive Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs sowie des Radverkehrs und einen schnelleren Ausbau der Elektromobilität, um die Luftverschmutzung in den Städten zu verringern. Das hat die Staatsregierung am Dienstag in München entschieden. Die Umrüstung älterer Diesel-Fahrzeuge soll von den Autoherstellern bezahlt werden, eine endgültige Zusage werde es aber erst auf dem Autogipfel am 2. August in Berlin geben. Zur Abwendung drohender Diesel-Fahrverbote hatten die bayerischen Autohersteller Audi und BMW angekündigt, die Hälfte ihrer in Deutschland zugelassenen Euro-5-Diesel technisch nachzurüsten.

Am Dienstag veröffentlichte die bayerische Staatsregierung im Internet auch eine Studie, wonach in München auf einem Viertel aller Hauptstraßen, nämlich in 123 von 511 Kilometern, die Stickstoffdioxid-Grenzewerte zum Teil massiv überschritten werden.