Euro-4-Fahrer, die auf die Bahn umsteigen wollen, haben ein Problem: Der Stadtrand ist für sie tabu.

Stuttgart - Park-and-ride-Plätze (P+R), also Abstellmöglichkeiten für Autos, an denen die Fahrer in Bus oder Bahn umsteigen können, sind ein wichtiges Element im Konzept der Landesregierung zur Luftreinhaltung. „Die Koalition setzt sich für eine hinreichende Erhöhung der Anzahl der Park-and-ride-Parkplätze in der Region Stuttgart ein“, heißt es in dem Maßnahmenpaket, das Grün-Schwarz im Sommer verabschiedet hat. Das Problem dabei ist allerdings, dass zahlreiche Parkhäuser, in denen Pendler ihre Autos abstellen können, ehe sie Busse oder Bahnen nutzen, auf Stuttgarter Stadtgebiet liegen, also in der Umweltzone. Dorthin dürfen ältere Diesel der Euro-4-Norm vom kommenden Jahr an aber gar nicht mehr fahren.

 

„Einzelne Park-and-ride-Plätze liegen so knapp in der Umweltzone, dass es schwierig würde, für sie eine Ausnahmegenehmigung zu erlassen“, sagt der Sprecher des Landesverkehrsministeriums, Edgar Neumann. Würde nämlich ein Autofahrer mit seinem älteren Diesel erwischt, könnte er locker behaupten, er sei gerade auf dem Weg zu einem P+R-Platz. Das sei nicht kontrollierbar. Neumann: „Das würde die Wirkung der Einfahrbeschränkung abschwächen.“

CDU-Landtagsfraktion ist erbost

Widerspricht das nicht der verkehrspolitischen Absicht, Autofahrer im Allgemeinen und speziell solche von Euro-4-Dieseln zum Umsteigen auf den ÖPNV zu bewegen? Diese Frage stellt sich jetzt die CDU-Landtagsfraktion. Sie hat „mit besonderer Verwunderung“ zur Kenntnis genommen, dass Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nicht bereit ist, die P+R-Plätze am Rand der Umweltzone vom Fahrverbot auszunehmen. „Vom Fahrverbot Betroffene können nun nicht mehr die Park-and-ride-Plätze anfahren und dann auf den ÖPNV umsteigen“, sagt der verkehrspolitische Sprecher Thomas Dörflinger. Zumindest für drei der mehr als 100 P+R-Anlagen in der Region Stuttgart könnte seiner Ansicht nach eine Zufahrt ohne Weiteres ermöglicht werden: für den Albplatz in Degerloch sowie für die Anlagen in Weilimdorf und Österfeld.

„In diesen Randgebieten dürften wohl kaum die Stickoxidwerte überschritten sein“, argumentiert der Abgeordnete Dörflinger und sieht die alte CDU-Vermutung bestätigt: „Daraus lässt sich klar erkennen, dass es dem Verkehrsministerium um flächendeckende Fahrverbote geht und es vorgeschobene Begründungen verwendet, um dieses Ziel zu erreichen.“ Der Koalitionsstreit ums Fahrverbot schwelt weiter.

Verkehrsminister sieht Kontrollprobleme

Das Verkehrsministerium wiederum sieht sich in der Warnung bestätigt, dass Fahrverbot ohne Blaue Plakette im Grunde nicht kontrolliert werden können. Hätte die Bundesregierung diesen Aufkleber genehmigt, der saubere Diesel kennzeichnen soll, käme es erst gar nicht zu solchen Widersprüchen, sagt Neumann: „Uns ist der Zielkonflikt sehr wohl bewusst.“ So bleibe den Euro-4-Fahrern also nichts anderes, als andere P+R-Anlagen außerhalb der Stuttgarter Umweltzone anzufahren, um von dort aus in die Stadt zu gelangen.

Das allerdings ist leichter gesagt als getan. Pendler aus Richtung Tübingen zum Beispiel, die bisher am Albplatz in Degerloch geparkt haben, um in die Stadtbahn umzusteigen, könnten das Parkhaus Echterdingen benutzen, um ihren Wagen abzustellen. Von dort geht es weiter mit der S-Bahn bis Leinfelden, wo sie dann in die Stadtbahn umsteigen können. Die Folge: Das Ticket wird teurer.

„Und Gäste von außerhalb haben nicht die P+R-Landkarte im Kopf“, wendet Jürgen Wurmthaler ein, Leitender Direktor des Verbands Region Stuttgart. Seiner Ansicht nach wäre es ein gutes Signal an Umsteigewillige, wenn die P+R-Anlagen an den Rändern der Umweltzone auch weiterhin erreichbar wären – vor allem Degerloch, Österfeld und Weilimdorf. Und kontrollieren lasse sich das auch, meint Wurmthaler.

Das sieht im Übrigen auch der Verkehrsausschuss des Verbandes so. Der hat Mitte Oktober beschlossen: „P+R-Anlagen am Rande der Landeshauptstadt Stuttgart sollten unabhängig von Beschränkungen wie bisher anfahrbar bleiben.“