Auch für den Stuttgarter Flughafen besitzt Air Berlin eine große Bedeutung  Nun werden drei Verbindungen der Fluglinie gestrichen.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Auch für den Stuttgarter Flughafen besitzt die finanziell angeschlagene Fluggesellschaft Air Berlin eine große Bedeutung - dies lässt sich schon allein an den Passagierzahlen ablesen: Im vergangenen Jahr nutzten 21,8 Prozent aller Passagiere in Stuttgart Maschinen von Air Berlin - damit kam die Fluglinie in Stuttgart auf den zweiten Platz, nur ganz knapp hinter der Lufthansa-Tochter Germanwings (21,9 Prozent). "Die beiden Gesellschaften liefern sich bei uns ein Kopf-an-Kopf-Rennen", sagt die Sprecherin des Flughafens. Die Lufthansa selbst nutzt in Stuttgart lediglich 15 Prozent der Passagiere, Tuifly kommt auf 7,2 Prozent. "Air Berlin hat in den vergangenen Jahren eine Aufholjagd gestartet", sagt die Sprecherin.

 

Diese wird nun wohl vorerst gestoppt sein. Vollständig gestrichen wird die Verbindung von Stuttgart nach St. Petersburg. Bisher sind dorthin jede Woche drei Maschinen geflogen. "Es gibt jedoch weiterhin Direktverbindungen nach Moskau, die von mehreren Airlines angeboten werden", erklärt die Flughafen-Sprecherin. Von dort gebe es Anschlussflüge nach St. Petersburg.

Die Ankündigungen lösen Verunsicherung aus

Von den Streichungen betroffen sind auch einige der Verbindungen nach Berlin-Tegel. Bis jetzt bietet Air Berlin pro Woche mehr als zwei Dutzend Verbindungen von Stuttgart in die Hauptstadt an. Dieses Angebot werde nun "ausgedünnt", sagt die Sprecherin, aber sie fügt hinzu: "Es bleibt dennoch ein dichtes Angebot."

Die Ankündigungen von Air Berlin haben bei den Kunden einige Verunsicherung ausgelöst. Denn in den Präsentationen für die Analysten listet Air Berlin im Detail zahlreiche Strecken auf, bei denen viele Sitzplätze wegfallen sollen. So steht bei der Verbindung von Stuttgart nach Berlin-Tegel zum Beispiel ein Minus von 15.000 Sitzen, die "hauptsächlich im zweiten Halbjahr" eingespart werden sollen. Auf mehrfache Nachfrage erklärt eine Sprecherin jedoch, dass sich "bei dieser Verbindung im Winterflugplan definitiv nichts ändert". Alle Flüge würden so durchgeführt und seien buchbar, wie sie im Plan und im Internet aufgeführt seien. "Es gibt hier keine Stornierungen", betont die Sprecherin der Airline. Die Präsentation habe leider Missverständnisse ausgelöst. Es würden dabei "nur Planungsstände verglichen". Die aufgeführte Ausdünnung habe im Falle Stuttgart-Berlin schon stattgefunden, sagt die

Regionalflughäfen sind besonders betroffen

Der Stuttgarter Flughafen sieht ungeachtet der Ankündigungen keine massiven Einbußen auf sich zukommen: "Air Berlin ist wichtig für uns", sagt die Sprecherin. "Die Streichungen im Flugplan sind jedoch im Vergleich zum Gesamtangebot von Air Berlin in Stuttgart relativ gering."

Im gesamten Streckennetz von Air Berlin werden nach Angaben der Airline bis Jahresende 7500 Flüge mit 1,1 Millionen Sitzplätzen wegfallen. Von den Sparmaßnahmen der Fluglinie sind vor allem die Regionalflughäfen besonders betroffen.

Auch Frankfurt/Main muss auf einige Verbindungen verzichten

Auf dem Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden hat die Air Berlin seit Anfang Juli bereits die Verbindung nach Wien gestrichen. Von Anfang November bis Anfang März soll auch der Flug nach Palma de Mallorca komplett wegfallen. Der Airport Erfurt-Weimar wird sogar ganz aus dem Flugplan von Air Berlin gestrichen. Die Hauptstadt von Thüringen verliert damit den wichtigsten Anbieter von Flugreisen. In diesem Jahr hatte Air Berlin in Erfurt ursprünglich rund 1000 Flüge mit 140.000 Passagieren terminiert. Mit dem Winterflugplan sollen nun alle Angebote der Airline wegfallen.

Auch der größte Flughafen Frankfurt/Main muss auf einige Verbindungen verzichten. Air Berlin gibt besonders die hart umkämpfte Strecke nach Hamburg auf, auf der man dem Platzhirsch Lufthansa Geschäftskunden streitig machen wollte. Doch mit diesem Vorhaben sind die Berliner ebenso gescheitert wie vor ihnen schon andere. Ab November fällt zudem der Flug Frankfurt-Neapel weg, ebenso der Flug nach Alicante. Letztere Verbindung will Air Berlin ab Ende März aber wieder anbieten. Eigentlich wollte die Nummer zwei am deutschen Himmel die Flotte im nächsten Jahr nochmals kräftig auf 177 Maschinen aufstocken. Davon ist keine Rede mehr. Nun plant man mit 164 Fliegern. Acht Maschinen werden ausrangiert.

An der Spree ist Air Berlin Marktführer

In Düsseldorf und Berlin herrscht dagegen Erleichterung. Beide Drehkreuze sollen von dem Sparkurs weitgehend verschont bleiben. Im Rheinland sind viele Flieger von LTU stationiert, der Ferienflieger gehört seit einigen Jahren zu Air Berlin. An der Spree ist Air Berlin sogar Marktführer mit rund 30 Prozent Anteil an allen Starts und Landungen. Seit Mai 2010 hat Air Berlin in Berlin-Tegel den Drehkreuzbetrieb aufgenommen. Der neue Flughafen in Schönefeld bei Berlin, der am 3. Juni 2012 eröffnet werden soll, soll dann weitere Kapazitäten schaffen.

Experten fragen sich, ob die angeschlagene Fluglinie auf Dauer zwei deutsche Drehkreuze betreiben kann. In Düsseldorf fallen recht viele Flüge weg, so die Verbindungen nach Paris, Rijeka, Bilbao, Malaga, Alicante, Faro und Klagenfurt. In Paderborn, Köln und Münster ist der Aderlass aber noch schmerzhafter ebenso in Nürnberg. Enttäuschung gibt es auch in Österreich, weil Air Berlin in Klagenfurt die Flüge nach Düsseldorf, Berlin und Hamburg ab Oktober streicht. Kärnten sollte nach Angaben der dortigen Tourismuswerber weitere 1,5 Millionen Euro pro Jahr zuschießen, um die Verbindungen zu erhalten. Die Österreicher hielten aber Zahlungen an Air Berlin über die derzeit 900.000 Euro "Marketingzuschuss" hinaus für nicht vertretbar.