Die Kommission plant eine Klage vor dem EuGH wegen zu hoher Stickstoffoxid-Werte in den Städten. Offenbar waren die Pläne Berlins zur Reduzierung der Luftverschmutzung nicht überzeugend.

Brüssel - Die EU-Kommission will Deutschland wegen der schlechten Luft in den Innenstädten verklagen. Nach Informationen dieser Zeitung will die Kommission bei ihrer Sitzung am 7. Dezember die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschließen. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums bestätigt gegenüber unserer Zeitung: „Die EU-Kommission hat gegenüber der Bundesregierung angekündigt, bei ihrer Sitzung am 7. Dezember eine Empfehlung über den Klagebeschluss abzugeben.“ In Brüssel und Berlin ist klar, was das heißt: Die Kommission macht ernst in dem seit Jahren laufenden Vertragsverletzungsverfahren wegen des wiederholten Überschreitens der Stickstoffdioxid-Grenzwerte gegen Deutschland. Die Kommission hatte häufig Verstöße in 28 Städten und Regionen Deutschlands gerügt, darunter Stuttgart, Berlin, Düsseldorf sowie die Region Worms und Ludwigshafen. Bei einer Verurteilung durch den EuGH drohen Deutschland hohe Strafzahlungen.

 

Die Jamaika-Sondierer geraten unter stärkeren Druck

Damit wird der Druck auf die Parteien im Bundestag erhöht, die derzeit die Chancen einer Koalition sondieren. Die Union, FDP und Grüne müssen nun noch dringender Antworten finden auf die Umweltbelastungen durch den Autoverkehr in den Innenstädten: 40 Prozent des Stickoxidaus-stoßes gehen auf das Konto des Verkehrs. Aus den Bundesländern, die von dem Vertragsverletzungsverfahren betroffen sind und wo Fahrverbote drohen, dürften neue Forderungen nach der bundesweiten Einführung der Blauen Plakette für Dieselfahrzeuge laut werden. Bei den Maßnahmen gegen die Stickstoffoxidbelastung sind vor allem Dieselfahrzeug im Blick: 80 Prozent der Stickstoffoxid-Emissionen des Verkehrs kommen von Dieselmotoren. Im Jahr 2003 waren laut Angaben der EU-Kommission die zu hohen Stickstoffoxid-Emissionen für knapp 70 000 vorzeitige Todesfälle in Europa verantwortlich.

Winfried Hermann sieht sich bestätigt

Der Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann (Grüne), begrüßt es, wenn die Kommission Klage einreicht. Hermann sagte gegenüber dieser Zeitung: „Es ist höchste Zeit, dass konkrete Maßnahmen zur Luftreinhaltung auf den Weg gebracht werden und dass es in Berlin grünes Licht für die blaue Plakette gibt.“

Offenbar reichen Brüssel die Bemühungen Berlins zur Reduzierung der Stickoxide nicht aus. Beim Dieselgipfel hatte Kanzlerin Angela Merkel den Kommunen einen Betrag von rund einer Milliarde Euro versprochen für Maßnahmen, um die Belastung durch Abgase in den Städten zu reduzieren. Am 28. November sollen die betroffenen Kommunen in Berlin ihre Pläne zur Reduzierung der Stickoxidbelastung vorstellen. Im Laufe des Januars ist dann der nächste nationale Dieselgipfel geplant.

– Kommentar: Brüssel drückt aufs Tempo

– Stuttgarts Probleme mit den Öfen