Der Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, drängt die Bundesregierung zum Erwerb ferngesteuerter und bewaffneter Flugzeuge – der sogenannten Kampfdrohnen. Einen missbräuchlichen Einsatz durch Bundeswehrsoldaten schließt er in Stuttgart aus.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Generalleutnant Karl Müllner ist der vehementeste Befürworter des Kaufs von bewaffneten Drohnen. Schon im August 2012 hat der ranghöchste Soldat der Luftstreitkräfte offensiv auf eine Entscheidung des Bundestags gedrungen, um möglichst im Herbst 2014 einsatzbereite Geräte zu erhalten. Passiert ist jedoch wenig. Nun verliert Müllner die Geduld: „Wir sind nicht am Anfang der Diskussion, sondern mittendrin“, mahnte er bei einem Vortrag in der Cannstatter Heuss-Kaserne. „Ich hoffe, dass wir sie irgendwann zu Ende führen.“ Je länger die Debatte anhalte, desto später komme die Drohne zum Einsatz.

 

Dass die mit Raketen bestückten ferngelenkten Flugzeuge nötig sind, steht für ihn außer Zweifel. Es sei „moralisch geboten“, Soldaten, die am Boden in Gefechte geraten, aus der Luft zu unterstützen. „Ein Verzicht auf Drohnen würde uns in solchen Situationen handlungsunfähig machen.“ Dass die US-Militärs neben dem Schutz der eigenen Truppen mit den Drohnen auch gezielt Gegner hinrichten, „ist nach unseren Maßstäben ethisch und moralisch nicht tolerabel“, rügte Müllner. „Da die Einsatzregeln der Bundeswehr auch für diese Waffen gelten, kann ein völkerrechtswidriger Einsatz hier ausgeschlossen werden.“ Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich bisher nicht auf den Erwerb von Kampfdrohnen festgelegt und sieht auch keinen Entscheidungsdruck. Zunächst soll der Bundestag exakte Regeln festlegen, wie und wann sie zum Einsatz kommen dürfen.

Zukunft von „Euro Hawk“ ist ungeklärt

Was derweil mit der neu entwickelten Pannen-Drohne „Euro Hawk“ passiert, ist offen. Dies sei noch nicht entscheidungsreif, sagt der Inspekteur der Luftwaffe. „Wir lassen uns Zeit.“ Es werde geprüft, ob das vor fast einem Jahr wegen seiner aus dem Ruder gelaufenen Kosten gestoppte Drohnenprojekt weitergeführt werden könne und ob die Aufklärungstechnik noch für die Truppe verwendbar sei. Es scheint nicht ausgeschlossen, dass „Euro Hawk“ noch einmal ein Comeback erlebt.

Nicht nur Drohnen bereiten dem Inspekteur Kopfzerbrechen. Die Ministerin stellt alle Großprojekte auf den Prüfstand – auf die Abnahme der letzten 37 georderten Eurofighter wird wohl verzichtet. Dies erwähnt Müllner nicht, betont aber, dass eine Lücke bei der „Luftnahunterstützung“ entstanden sei. Deshalb fordert er, dass der Eurofighter bis Ende 2015 die Fähigkeit erhält, Ziele am Boden anzugreifen. Bisher wird er lediglich zur Luftverteidigung eingesetzt, während die Briten und Italiener die Angriffsoptionen ihrer Eurofighter schon im Libyen-Einsatz genutzt hätten.

Ein weiteres umstrittenes Milliardenvorhaben, der Militärtransporter A400M, gibt Müllner hingegen Anlass zur Hoffnung. Für November erwartet er die Auslieferung des ersten Großraumtransporters und im nächsten Jahr weitere fünf zur Ausbildung. Dann könne man nach 2016 ziemlich schnell in den Einsatz damit gehen.

Ende der Zurückhaltung gefordert

Mit Blick auf die Debatte um mehr Einmischung in internationalen Krisen warb Müllner dafür, die bisherige Zurückhaltung aufzugeben: „Wir gelten nicht als die zuverlässigsten Partner“, monierte er. In Zeiten der Arbeitsteilung müsse Deutschland bei Einsätzen seinen Beitrag leisten, „selbst wenn die eigenen Interessen nicht unmittelbar berührt sind“. Es reiche auch nicht aus, den anderen Nationen Logistik zur Verfügung zu stellen. Sonst könne dies bedeuten: „Die Soldaten der Verbündeten fallen – und wir fliegen sie allenfalls heim.“