Karlsruhe - Eine Anekdote, die gern über Luigi Colani erzählt wird, sagt einiges über den Designer aus. Als er auf einer Messe den Chef des Porzellanherstellers Rosenthal traf, nahm er kurzerhand eine Teekanne, ließ sie auf den Boden fallen und sagte: „Ich mach dir was Besseres!“ So war Luigi Colani, großmäulig, immer für eine Provokation zu haben und felsenfest davon überzeugt, besser zu sein als all seine Kollegen zusammen. Ihm gefiel es, mit Zigarre und oft kuriosen weißen Outfits vor der Kamera zu posieren und sich als Stardesigner feiern zu lassen, was weniger etwas über die Qualität seiner Arbeit aussagte, sondern eher meinte, dass sich hier einer als Star inszenierte.
Nun ist Luigi Colani in Karlsruhe gestorben, wo er immer einen Wohnsitz hatte, auch wenn er die meiste Zeit durch die Welt tingelte und sich viel in China und Japan aufhielt. Nicht viele Designer schaffen es, sich nicht nur international einen Namen zu machen, sondern auch in der breiten Bevölkerung bekannt zu sein. Colani aber wurde schon früh zu einer Marke, weil es ihm nicht nur um die Funktionalität eines einzelnen Gegenstands ging, sondern immer auch um die eigene Handschrift. Er war der Mann für organische Formen. Colanis Welt ist rund, weil er Ecken und Kanten nicht mochte – außer bei sich selbst.
Colinas Alfa Romeo fuhr über den Nürburgring
Geboren wurde Colani, der eigentlich mit Vornamen Lutz hieß, 1928 in Berlin. Der Vater war Filmarchitekt, auch die Mutter war kreativ, weshalb man dem Kind kein Spielzeug gab, sondern es ermunterte, sich selbst etwas zu basteln. Colani begann ein Bildhauerstudium in Berlin, wechselte dann aber nach Paris, wo er Aerodynamik und Ultraleichtbau studierte, was seine ästhetische Sprache prägte. Er war zunächst bei Flugzeugherstellern und in der Autoindustrie tätig – 1957 fuhr sein Alfa Romeo über den Nürburgring. In den sechziger Jahren verlegte Colani sich zunehmend auf Möbeldesign, legendär ist seine Liege TV-Relax, eher Skulptur als Sitzmöbel, dabei aber körpergerecht geformt mit fließenden Linien.
Es gibt kaum etwas, das Colani nicht gestaltet hätte: Kloschüsseln und Fressnäpfe für Katzen, Brillen, Kameras, Kleidung, Riesenflugzeuge und Lastwagen und im Ruhrgebiet sogar einen Zechenturm. Die ergonomisch geformte Spiegelreflexkamera Canon T-90 aus dem Jahr 1986 gehört heute zu den Design-Inkunabeln. Mit seinen Überlegungen zum Biodesign, das auf Formen aus der Natur zurückgreift, war Colani seiner Zeit ebenfalls voraus wie mit dem Nachdenken über Ergonomie.
Der Designer musste auch Schlappen einstecken
Auch wenn der experimentierfreudige Designer die Unternehmen oft an den Rand des Wahnsinns trieb, schmückte man sich freilich gern mit dem berühmten Mann mit Bart. Deshalb durfte Colani auch eine Teekanne für Rosenthal entwerfen. Die „Drop“-Kanne erinnert zwar ein wenig an eine Schnabeltasse aus dem Krankenhaus, aber immerhin: Sie tropft garantiert nicht. Nicht alles, was Colani entworfen hat, war wirklich praxistauglich. Er scheute nicht vor der großen Geste zurück und gab sich genialisch, musste aber auch manche Schlappe einstecken. In Venedig wollte man ihm ein Museum bauen, es wurde nichts daraus. Die sogenannte Eco-City, die er auf einer chinesischen Insel errichten wollte, wurde so wenig realisiert wie die Colani-Therme in Friedrichshafen, die die Form eines Wassertropfens haben sollte.
Und noch etwas ist ihm letztlich nicht gelungen: Als Colani im vergangenen Jahr zu seinem Geburtstag ein Interview gab, erklärte er, dass er sich nicht mit dem Tod befasse, schließlich hätte es in seiner Familie zahlreiche Hundertjährige gegeben. Er wurde nur 91 Jahre alt.