Gestatten, Luka Doncic, der nächste Superstar der NBA. Was macht den 19-jährigen Slowenen so besonders, dass selbst Dirk Nowitzki und Rick Carlisle nicht aus dem Staunen herauskommen?

Dallas - Gerade einmal zwei Tage hatte Dallas-Trainer Rick Carlisle seinen 19-jährigen Neuzugang im Sommertraining beobachtet und kam dann zu dieser Einschätzung: „Wer sich jetzt keine Dauerkarte bestellt, wird es in naher Zukunft bereuen.“ Eine gewagte These, waren die Mavericks doch in den vergangenen Jahren sowohl tabellarisch als auch von der Zuschauerresonanz ans Ende der Liga gerutscht. Und nun sollte Luka Doncic, ein 19-jähriger Slowene, der außerhalb von Europa noch nie auf einen Korb geworfen hatte, die Wende beim dahin siechenden Club von Dirk Nowitzki einleiten?

 

Nach rund einem Viertel der NBA-Saison lässt sich festhalten: Das war kein Marketinggag des 59-jährigen Meistertrainers. Nein, Luka Doncic scheint das Versprechen auf eine große Zukunft der „Mavs“ zu sein und nährt in Dallas die Hoffnung, im Spätherbst von Nowitzkis Karriere wieder die Playoffs zu erreichen. Mit zwölf Siegen und elf Niederlagen rangieren Doncic und Co. derzeit auf dem achten Platz und lassen hoch gehandelte Teams wie die Houston Rockets hinter sich. Die Playoffs, sie scheinen sind nach zwei Jahren Pause wieder in Reichweite.

Wer ist dieser neue Superstar?

Aber, wer ist dieser 19-Jährige, der den zurückhaltenden Mavs-Trainer zu solch einer Prognose veranlasste?

Der 2,01 Meter große Flügelspieler wird im Februar 1999 in Ljubljana geboren, Vater Sasa ist Basketball-Profi in Slowenien, bereits als Dreijähriger sitzt Luka auf der Tribüne und fiebert mit dem Papa mit. „Es war die einzige Zeit des Tages, an der Luka nicht weinte“, erinnert sich sein Vater. Als der Sprössling 13 wird, schickt er ihn auf Anraten von NBA-Profi Nikolas Mirotic zu Real Madrid, um ihn bestmöglich auf eine Profikarriere vorzubereiten. „Dort wird sehr gut mit jungen Spielern gearbeitet“, erklärt er den Wechsel. Bei den Königlichen debütiert Luka als 16-Jähriger in der ersten spanischen Liga, zwei Jahre später ist er der jüngste EuroLeague-MVP der Geschichte und steht bei den Talentscouts der NBA weit oben auf der Wunschliste. Die Anmeldung zum NBA-Draft 2018 ist die logische Folge.

Dallas wollte Doncic unbedingt

Ursprünglich von den Atlanta Hawks an dritter Stelle im Draft gezogen, schicken die Texaner ihren Erstrundenpick Trae Young (an 5. Stelle gezogen) und zukünftige Draftrechte nach Atlanta, um das slowenische Wunderkind nach Dallas zu holen. Nach 22 Partien stehen für Doncic im Schnitt 18,1 Punkte, 6,5 Rebounds und 4,3 Vorlagen zu Buche, er ist Topfavorit, „Rookie of the year“ zu werden. Er wäre der erste Europäer seit Pau Gasol 2001 und erst der zweite Europäer überhaupt, der zum besten NBA-Neuling gekürt wird. Um Doncics Zahlen einordnen zu können, Nowitzkis Statistiken aus dessen Premieren-Saison zum Vergleich: 8,2 Punkte, 3,4 Rebounds und 1,0 Vorlagen.

Nun hinkt diese Gegenüberstellung, weil das „German Wunderkind“ Jahre benötigte, um sich unter den Topstars zu etablieren. Zudem bekleiden Flügelspieler Doncic und die 2,13 Meter große Legende aus Würzburg völlig andere Positionen. Aber mit diesen Zahlen bewegt sich der Slowene in Sphären, die in ihrer ersten NBA-Saison nur Ausnahmespieler wie LeBron James oder Kevin Durant erreichten. „Es macht Spaß, ihm zuzuschauen“, lobt der zurzeit verletzte Dirk Nowitzki seinen designierten Nachfolger. „Er hat das Selbstvertrauen, wichtige Würfe zu nehmen und trifft sie dann auch.“

Fokus auf der Offensive kommt ihm entgegen

Während der 40-Jährige als Auslaufmodell gilt, kommt der ligaweite Fokus auf Offensivspektakel und das immer höhere Spieltempo Doncic entgegen. „Es ist einfacher, sich heute an das NBA-Niveau zu gewöhnen als noch vor zehn Jahren“, sagt Nowitzki: „Es geht weniger körperlich zu und die Systeme sind freier geworden.“ Genau das, was ein Freigeist wie Doncic benötigt, der mit einem tollen Dreipunkt-Wurf (über 38 Prozent Trefferquote) ausgestattet ist.

Zwar gehört er athletisch zu den schwächeren Flügelspielern der NBA – in der Offensive macht er das mit seiner Größe, seinen Dribblings und seinem Distanzwurf wieder wett. „An seiner Defensive muss er noch arbeiten“, mahnt Carlisle. Aber: der Taktikfuchs hat Mittel und Wege gefunden, seinen angehenden Superstar hinter starken Verteidigern wie Wesley Matthews oder DeAndre Jordan zu verstecken.

Kein klassischer Rookie

Die beeindruckendste Erkenntnis aus Doncics ersten NBA-Monaten? Ihm passieren kaum klassische Rookie-Fehler: Seine Ballverlustquote senkte er von über vier in den ersten zehn NBA-Spielen auf unter drei in den folgenden zwölf Partien. Auch die Anzahl seiner Fouls konnte er immer weiter verringern. „Er lernt jeden Tag. Es ist eine Freude mit ihm zu arbeiten“, sagt Carlisle. Und Nowitzki ist sich sicher, dass „wir noch viele Freude an Luka haben werden“. Nun ist die American Airlines Arena zwar noch nicht bei jedem Heimspiel ausverkauft. Aber mit jeder starken Partie nährt Doncic die Hoffnung, den Meister von 2011 zurück in die Ligaspitze zu katapultieren.

Und spätestens wenn die Playoffs erreicht sind, werden all diejenigen in die Röhre schauen, die sich nicht frühzeitig um eine Dauerkarte bemüht hatten.