Keine andere Sportart ist bei den Frauen so perfekt vermarktet wie die millionenschwere Tennis-Tour. Das zeigt sich auch beim Grand Prix in Stuttgart.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Natürlich ist Verlieren nie eine schöne Angelegenheit. Vor allem dann, wenn man wie die hübsche Serbin Ana Ivanovic im Vorjahr in Stuttgart noch im Finale stand – und nun bereits im Auftaktmatch gegen die aufstrebende Caroline Garcia mit 6:7, 4:6 die Segel streichen musste. Diesmal allerdings zeigte die Niederlage auch ihre angenehme Seite. Denn durch das frühe Aus hat Ana Ivanovic nun mehr Zeit für ihren Freund Bastian Schweinsteiger, der an diesem Donnerstag wie die Fußballerkollegen des FC Bayern freihat.

 

Ana Ivanovic fliegt im Helikopter zu Bastian Schweinsteiger

Ivanovic, eine 1,80 Meter große Tennis-Beauty mit Model-Qualitäten, konnte es daher nicht schnell genug gehen. Während ihr Trainer, der Bruder und der Masseur von den Organisatoren des Tennis-Grand-Prix mittels Fahrdienst stilvoll in einem Porsche nach München chauffiert wurden, nahm die ehemalige Nummer eins der Tenniswelt den Helikopter. Leisten kann sie sich diese privilegierte Art des Reisens locker: Denn selbst die Niederlage von Stuttgart brachte Ivanovic, die in ihrer Karriere bisher allein an Preisgeld 13,1 Millionen Euro eingenommen hat (Sponsoren- und Antrittsgelder nicht mitgerechnet), einen Scheck von 5242 Euro ein.

Die WTA ist eine beispiellose Erfolgsstory

1973 als Interessenvereinigung der damals weit weniger gut bezahlten Profispielerinnen gegründet, ist die World Tennis Association (WTA), die Dachorganisation der rund 2300 Berufsspielerinnen aus 92 Nationen, inzwischen nämlich eine beispiellose Erfolgsstory. „Die anderen Sportarten bei den Frauen hat das Tennis längst abgehängt“, sagt der Stuttgarter Turnierdirektor Markus Günthardt, der im sogenannten WTA-Board in London, in dem die Grundsatzentscheidungen getroffen werden, einen Delegiertenplatz einnimmt. Denn von ihrer Struktur her ist die WTA basisdemokratisch aufgebaut: Die Turnierchefs sprechen im Board ebenso mit wie die Vertreterinnen der Spielerinnen.

„Manchmal ist es schwierig, teils gegensätzliche Interessen unter einen Hut zu bekommen“, sagt Günthardt. Doch der Erfolg gibt dem Modell recht: Allein 500 Millionen US-Dollar spült der neue, weltweite TV-Grundvertrag in die Kassen der WTA, der von Herbst 2017 an für sieben Jahre plus Option für drei weitere gilt.

Die besten Spielerinnen werden wie Popstars gefeiert

Schließlich steht das Frauentennis auch sportlich auf einem anderen Level als etwa zu Zeiten von Martina Navratilova, Chris Evert und Co., als die Top Fünf dem Rest der Szene an Athletik, Taktik und Technik deutlich voraus waren. Frauentennis hat sich aber nicht nur zu einer athletisch ansehnlichen Sportart gewandelt – das Publikum feiert die Besten der Branche inzwischen im Stile von Popstars.

So ist die Stuttgart-Seriensiegerin Maria Scharapowa die bestverdienende Sportlerin der Welt – und Größen wie die Williams Sisters zählen inzwischen zur weltweit verehrten Prominenz auf jedem Jetset-Event, mit eigener Parfüm-Linie, Süßigkeiten-Marke („Sugarpova“) oder Handtaschen-Kollektion.

Früher luden sich die Williams-Schwestern die Teller voll

Markus Günthardt weiß, dass das nicht immer so war. Als Venus Williams zarte 19 Lenze zählte und ihre Schwester Serena 17, da konnte der Schweizer die beiden täglich dabei beobachten, wie sie sich am Büfett eines Europa-Turniers dermaßen satt aßen, dass es ihrem Tennisspiel kaum zuträglich gewesen sein kann. Abends war es meist der Trainer, der das Essen von der Halle ins Hotel brachte. „Vielleicht“, sagt Günthardt schmunzelnd, „um ein wenig Geld zu sparen.“

Inzwischen sind aber nicht nur die Williams-Schwestern klar im Vorteil. Während alle qualifizierten Spielerinnen nach dem Reglement der WTA bei sämtlichen Grand Slams, einigen weiteren erlesenen Events und bei allen Turnieren, bei denen sie die Titelverteidigerinnen sind, antreten müssen, buhlen viele kleinere Spielorte auf der Tour – wie etwa Nürnberg – um die Gunst der Aktricen. Also können sich die Racketkünstlerinnen, die allesamt noch zahlreiche Privatsponsoren haben (die Bremerin Angelique Kerber etwa präsentiert auf ihrer Homepage fünf Partnerfirmen), obendrein die Haushaltskasse mit Handgeldern aufbessern. Dass die Hotelkosten für die Spielerinnen und ihre Coachs bei jedem Turnier vom Veranstalter übernommen werden, versteht sich da von selbst.

Gegen Langeweile hilft eine Porsche-Fahrt bei Temp0 250

In einer Glamourwelt, in der die Tennisfrauen auch bei den sogenannten „Side-Events“ (in Stuttgart ist dies etwa eine rasante Fahrt bei Tempo 250 auf der Porsche-Rennstrecke in Weissach) bei Laune gehalten werden, kommt es aber auch mal vor, dass eine Hauptdarstellerin den Bogen überspannt. Markus Günthardt möchte den Namen der Spielerin nicht veröffentlicht wissen, der er persönlich vor einigen Jahren den Marsch blasen musste.

Besagte Spielerin, eine ehemalige Nummer eins aus Osteuropa mit Wohnsitz in Monte Carlo, kam 2011 nach Stuttgart – und gab in ihrem Auftaktspiel nach dem ersten Satz wegen einer angeblichen Verletzung auf. „Währenddessen stand ihr Privatjet quasi mit laufenden Triebwerken auf dem Stuttgarter Flughafen. Die wollte nur schnell weg“, erzählt Günthardt, der die Spielverderberin seither nicht mehr beim Grand Prix in Stuttgart begrüßt hat. Schließlich bieten sich in der Komfortzone Frauentennis jeder Sportlerin etliche Alternativen, um ausreichend Geld zu verdienen.