Der traditionelle Lukullische Herbst in Weil der Stadt wartete am Wochenende mit einem Spezialmarkt auf. Das glutenfreie Angebot stieß auf großes Interesse.
Schon am frühen Samstagnachmittag gibt es kaum ein Durchkommen an der Stuttgarter Straße in Weil der Stadt, wo die ersten Stände Essen und Trinken anbieten, die ohne Gluten auskommen. Bier aus Finnland etwa und Leckereien wie Waffeln und Crêpes.
Lukullischer Herbst heißt das Streetfood- und Musikfestival, das der Weiler Gewerbeverein auch in diesem Jahr wieder an zwei Tagen auf die Beine gestellt hat, samt Verkaufsoffenem Sonntag und reichhaltigem Musikprogramm, das wieder Tausende Besucher anzog. Und ein besonders Angebot lockte viele Menschen: Der „Glutenfreie Herbst“, der erstmals den Lukullischen Herbst ergänzte. Obwohl der Kalender am Sonntag tatsächlich auf Herbst umgestellt hat, drehte der Sommer noch einmal richtig auf mit Sonnenschein und warmen Temperaturen als ideale Zutaten für Schlemmen und Genießen in den Altstadtgassen.
Etwa ein Prozent der Bevölkerung ist von der Glutenunverträglichkeit betroffen, sagt Magdalena K. von der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft, die mit einem Infostand auf dem Kirchplatz vertreten ist. Weil für sie Weizen, Roggen, Gerste und anderes Getreide tabu sind, muss mit Alternativen gearbeitet werden, etwa mit speziellen Mehlen aus Mais, Reis und Buchweizen. Der Eiweißklebstoff Gluten ist in Getreide enthalten und sorgt dafür, dass der Teig die ideale Konsistenz beim Backen erhält. Doch bei manchen Menschen kann er Unverträglichkeiten bis hin zu schweren Erkrankungen verursachen.
Alternativen verwendet auch Sandra Stifel, die mit ihrer Familie aus Haigerloch gekommen ist und leckere glutenfreie Schupfnudeln anbietet. „Wir haben einen Mischhaushalt mit normaler und glutenfreier Ernährung“, erklärt sie. „Ich arbeite strikt getrennt in zwei verschiedenen Küchen“, sagt sie mit Blick auf ihren zwölfjährigen Sohn, der kein Gluten verträgt. Es soll auch nicht nur ein Staubkorn Weizenmehl in das Essen des Kindes gelangen und bei diesem wieder Beschwerden verursachen. In zwei völlig getrennten Küchen mit einer Zwischenwand arbeitet auch Alessandro Pezulla in seinem Restaurant in Herrenberg-Oberjesingen, der mit glutenfreier Pizza vertreten ist, die guten Absatz findet. „Wir waren die erste Pizzeria überhaupt, die damit vor 20 Jahren angefangen hat“, erzählt er. Inzwischen kämen seine Gäste von überall her. Das ist auch am Crêpes-Stand nebenan zu sehen, wo viele Menschen anstehen. Am Stand von Marcus Beran aus Hammelburg, der verschiedene Dönervarianten anbietet, sind die glutenfreien Brezeln schnell ausverkauft.
Der glutenfreie Herbst, der unter dem Motto „Schlemmen trotz Zöliakie und Glutenintoleranz“ steht, scheint ein Erfolg zu sein. „Die Mutter eines betroffenen Kindes kam auf uns zu und hat ein solches Angebot angeregt. Wir als Stadt haben es dann aufgegriffen“, erzählt Markus Wagner. Der Citymanager, der sich selbst glutenfrei ernähren muss, hat solche Märkte schon andernorts erlebt, etwa einen glutenfreien Weihnachtsmarkt im Schwarzwald. Der „Glutenfreie Herbst“ sei auf bundesweite Resonanz gestoßen, so Wagner. Anbieter und Besucher zum Teil von weit her seien extra für dieses Wochenende in die Keplerstadt gekommen.
Das gilt auch für Jörg Hecker. Der Konditormeister aus Eggenstein-Leopoldshafen hat sein Buch „Glutenfrei Backen“ mitgebracht. Bei einem Gewinnspiel können Besucher unter anderem sogar einen exklusiven Kurs mit ihm gewinnen.
Wer nicht auf Glutenfreiheit achten muss, der hat auf dem Marktplatz die Qual der Wahl. Der als Freund opulenter Speisen überlieferte altrömische General Lucullus hätte, zumindest was die Vielfalt der Speisen betrifft, wohl seine wahre Freude am Lukullischen Herbst gehabt. 15 verschiedene Anbieter lassen kaum Wünsche offen. Neben dem Rathaus warten Spiralkartoffeln und Thüringer Rostbratwürste quasi direkt aus Apolda auf Kundschaft, es gibt Spätzle in verschiedenen Varianten und saure Kutteln, das Weil der Städter Hechtbräu bietet Flüssiges zur Befeuchtung der trockenen Kehlen an, während vom Stand gegenüber der Duft von original Hamburger Backfisch herüberweht. Auch Internationales ist geboten, von Thaiküche über Falafel-Wraps bis zum afrikanisches Hähnchen mit Kokos-Koriander. Viele Menschen sitzen in der Sonne und genießen die entspannte Atmosphäre auf dem Marktplatz mit Spätsommerfeeling, erst recht, als dann später mit der Band „Souled out“ die Livemusik beginnt.