Das Theater Lindenhof spielt am 9. und am 11. Mai Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ im Stuttgarter Amtsgericht.

Lokales: Armin Friedl (dl)

S-Mitte - Das wird kein guter Tag für den Dorfrichter Adam: Die energische Marthe Rull verlangt hier und sofort eine Verhandlung. Ruprecht, der Verlobte ihrer Tochter Eve, soll nächtens bei einem heimlichen Besuch einen Krug zerstört haben. Der beteuert ebenso energisch seine Unschuld, er will einen Fremden gesehen haben. Von einer teuflischen Gestalt mit Klumpfuß ist die Rede.

 

Dabei ist dieser Richter erst mal mit sich selbst beschäftigt: Er kämpft gegen Kopfweh und Kater, findet seine Perücke nicht, entdeckt diverse Wunden in seinem Gesicht. Und dann kündigt sein Vorgesetzter eben jetzt in den nächsten Stunden einen Überraschungsbesuch zwecks Revision an. All diese Plagegeister wird Adam nicht los, verheddert sich in einem Lügengestrüpp, zumal ihm allmählich klar wird, dass er selbst ganz schön verantwortlich ist für die Wirrnisse dieses frühen Tages.

Amtsmissbrauch und Doppelmoral

Heinrich von Kleists Lustspiel „Der zerbrochne Krug“ wurde zwar 1808 uraufgeführt, dennoch steckt diese Geschichte derart voller Verweise auf die Gegenwart, dass jeder da fündig werden kann, ob es nun um Amtsmissbrauch, Doppelmoral, Trunkenheit oder Selbstherrlichkeit geht. Deshalb hat auch so ziemlich jedes Theater diesen „Krug“ irgendwann mal selbst auf seine Bühne gebracht.

Auch das Theater Lindenhof in Melchingen auf der Schwäbischen Alb hat zuletzt das Stück 2003 inszeniert und war dann damit auf vielen Bühnen im Ländle unterwegs als Regionaltheater. Jetzt hat es die Inszenierung von Franz Xaver Ott wieder belebt. Und das ganz speziell für Aufführungen direkt in Gerichtssälen, unter anderem am 9. und 11. Mai um 20 Uhr im Stuttgarter Amtsgericht.

In der Stadt

„Da wir jetzt in einem richtigen Gerichtssaal aufführen können, haben wir die Inszenierung kritisch überprüft. Im Prinzip ist es eine neue Inszenierung“, so Ott. Das ist eigentlich kein Wunder, 16 Jahre nach der Premiere stehen üblicherweise auch nicht mehr viele Schauspieler von einst zur Verfügung, die meisten Rollen sind deshalb neu besetzt. Auch das Szenario hat sich gewandelt: 2003 war die Aufführung gemäß dem Stammspielort der Lindenhöfler stark ländlich geprägt. Heute, so Ott, sind die Figuren in der Stadt, in der Gegenwart angekommen. „In dem Stück geht es im Kern ja um ein zerrüttetes Vertrauen in die Staatsführung und in die Politik“, so Ott, „und das arbeiten wir jetzt mehr heraus“. Ott: „Die Schauspieler sind jetzt alle von Anfang an sichtbar für das Publikum anwesend, auch in Schmink- oder Garderobe-Situationen.“ Die Gerichtsräumlichkeiten an sich werden dabei belassen, wie sie sind, lediglich der Zeugenstand wird abgeschafft. „Da steht der Zeuge ja mit dem Rücken zum Publikum, das ist kein brauchbarer theatralischer Effekt“, so Ott. Alle weiteren Details einer Aufführung werden vor Ort entschieden, denn gebucht ist die Aufführung bereits für Gerichte in Esslingen, Rottweil und Hechingen. Weitere sollen folgen.

Neben der Fassung für Gerichtssäle gibt es noch weitere für klassische Theaterbühnen sowie für Freilichttheater. Und im Freien wird dieser „zerbrochne Krug“ erstmals am 22. und 23. Juni auf der Burg Hohenzollern gespielt, am 19. Juli im Naturtheater Grötzingen. Und im Herbst dann auf der Stammbühne in Melchingen.