Luxus Made in Italy Superjachten aus dem „Golfo dei poeti“

Luxusjachten stehen in der Baglietto-Werft in La Spezia. Auch andere Hersteller fertigen ihre Luxusjachten in der Stadt. Foto: Gerhard Bläske

Zwischen dem ligurischen La Spezia und dem toskanischen Livorno realisieren gleich mehrere Luxusjachtenhersteller die Träume der Ultrareichen. Vom Hubschrauber-Landeplatz über den versenkbaren Tanzboden ist alles dabei.

Die Luxusjachten-Hersteller sind ein Aushängeschild Italiens. Sie sind ein Symbol des Made in Italy und stehen für einen Umsatz von acht Milliarden Euro, der überwiegend im Export erwirtschaftet wird. Mehr als die Hälfte der weltweiten Bestellungen von Schiffen mit einer Länge von mehr als 24 Metern entfallen auf Unternehmen aus Italien.

 

„Wir sind nicht abhängig von Zyklen. Unsere Kunden leiden nicht unter höheren Zinssätzen oder wirtschaftlichen und geopolitischen Krisen. Sie können es sich leisten, unsere Boote mit einem Durchschnittspreis von zwölf Millionen Euro zu kaufen“, sagt Massimo Perotti, Chef und Mehrheitsaktionär des weltweit drittgrößten Jachtenproduzenten, der börsennotierten Sanlorenzo-Gruppe.

Die malerische Bucht zog einst Schriftsteller und Maler an

Die malerische Bucht von La Spezia zog einst Schriftsteller wie Lord Byron, Shelley, D.H. Lawrence und den Schweizer Maler Arnold Böcklin an. Die italienische Marine richtete dann im „Golfo dei poeti“ ihren wichtigsten Flottenstützpunkt ein.

Der Marinekonzern Fincantieri baut hier noch heute Kriegsschiffe und Schiffskanonen. Entlang der Viale San Bartolomeo im Südosten der Stadt folgt eine Werft auf die andere. Perini, die zur börsennotierten Italian Sea Group gehört; Riva, eine Ikone und Teil der Ferretti-Gruppe. Baglietto, ein Jachtbauer in Familienhand. Und Sanlorenzo. Bis Livorno folgen weitere Werften. „Dieses Cluster ist fundamental für uns und einzigartig in der Welt“, meint Perotti.

Foto: Sanlorenzo

Baglietto ist klein, aber fein. „Wir sind eine Boutique-Werft“, sagt Michele Deprati, Chef des 170 Jahre alten Unternehmens. Die Werft ist eine Art Maßschneider für Jachten. „Wir sind ausgelastet bis 2027“, sagt Deprati. Die Bestellungen decken mehr als drei Jahresumsätze ab. Baglietto hat 2023 etwa 140 Millionen Euro erlöst. Die Bruttomarge soll bei über 15 Prozent liegen. Besonders freut Depatri, dass „unser gesamter Jahresgewinn reinvestiert wird. Das gibt uns große Sicherheit.“

2008 war Baglietto pleite. Nach der globalen Finanzkrise wurden Bestellungen in Serie storniert. Beniamino Gavio, Patron eines Familienkonglomerats, das sein Geld mit Logistikdienstleistungen verdient und ein Autobahnnetz betreibt, rettete das Unternehmen und investierte.

Deprati machte den Jachtenhersteller wieder rentabel und setzte auf Individualität und Perfektion. Die Fertigungsprozesse sind handwerklich. Viele der Handwerker, die auf dem Gelände arbeiten, sind für selbstständige Metallbauer, Elektro-Betriebe oder Schreiner tätig.

Das schnittige Design der Schiffe erinnert an Sportwagen. Der Hersteller erfüllt alle Sonderwünsche: Vom Hubschrauber-Landeplatz über den versenkbaren Tanzboden bis hin zum zweistöckigen Pool. Die Kunden sind überwiegend Unternehmer, über die Deprati nichts sagen will. Sie kommen zu jeweils 40 Prozent aus Europa und Nordamerika. Der Bau eines Schiffes dauert bis zu drei Jahre und erfolgt in engster Abstimmung mit den Kunden.

Auch Patrouillenboote für die Marine stellt Baglietto her

Im nahen Carrara stellt Baglietto auch kleinere Boote her, darunter schnelle Patrouillenboote für die Marine. Das knüpft an die mit Torpedos bewaffneten Baglietto-Motorboote an, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kamen.

Auch Sanlorenzo-Chef Perotti will sich nicht allein auf Luxusjachten verlassen. Er hat gerade die Übernahme von Nautor Swan, einem renommierten Hersteller von Luxus-Segeljachten, angekündigt. „Die Übernahme ermöglicht es uns, in einen Bereich zu expandieren, in dem wir noch nicht vertreten sind. Dieser Sektor bietet ein großes Wachstumspotenzial. Swan ist komplementär zu unseren Produkten“, sagt Perotti.

„Wir könnten unsere Produktion leicht verdoppeln“, sagt Baglietto-Chef Deprati, „aber wir wollen nicht.“ Mehr als sechs Auslieferungen pro Jahr sollen es nicht werden – eine künstliche Verknappung, um die Exklusivität zu wahren.

Mit dem Kauf allein ist es nicht getan. Allein eine Tankfüllung von 80 000 Litern Diesel kostet ein Vermögen. Dazu kommen Mannschaften von bis zu zehn Personen, Hafengebühren, Wartung, Versicherungen und regelmäßige Umbauten. Das so genannte „Re-Fitting“, die Wartung und Erneuerung, ist ein ertragsreiches Geschäft, das sowohl Sanlorenzo als auch Baglietto ausbauen.

Die Hersteller setzen auf Hybrid- und Wasserstoffantriebe

Weltweit gibt es in immer mehr Ländern Superreiche. Die Jachten-Produzenten investieren in neue, leichtere Materialien wie Aluminium und Karbon – und in neue Antriebsformen. Hybrid-Antriebe erlauben es, kürzere Strecken elektrisch zu fahren. Für die Zukunft setzt Baglietto auch auf Wasserstoffantriebe. Deprati glaubt an das Potenzial und hat direkt am Quai eine kleine Power Station zur Erzeugung von Wasserstoff installieren lassen.

Auch Sanlorenzo setzt auf die Elektrifizierung. „Wir haben einen Exklusivvertrag mit Siemens über die Entwicklung von methan- und wasserstoffelektrischen Antrieben abgeschlossen. Das erste Projekt, ein 50 Meter langes Schiff, werden wir im September auf der Messe in Monaco vorstellen“, sagt der Chef, Massimo Perotti.

Teures Vergnügen

Der Vergleich
Bis zu 700 Millionen Euro kann eine 140 Meter lange Luxusjacht der deutschen Lürßen-Werft kosten. Eine Baglietto ist mit bis zu 60 Millionen deutlich „günstiger“.

Das Ranking
Die Baglietto-Werft liegt im weltweiten Ranking auf Platz zwölf. Auf Platz eins liegt das Unternehmen Azimut Benetti (1,3 Milliarden Euro), auf Platz zwei die Ferretti Group (Riva, Pershing, Itama, Crn, Wally, Ferretti Yachts, Custom Line) mit Erlösen von 1,1 Milliarden Euro. Sanlorenzo ist mit einem Umsatz von 840 Millionen Euro (2023) die Nummer drei. 

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