Nobelmarken wie Hermès oder Louis Vuitton geht es so gut, dass sie ihren Angestellten satte Lohnzuschläge spendieren. Der reichste Mensch der Welt wird noch reicher.

Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

Es soll niemand sagen, Bernard Arnault sei geizig. Der Herrscher über Marken wie Louis Vuitton, Dior, Moët et Chandon oder Tiffany ist in der Lage, sogar eine soziale Ader zu zeigen: Den Angestellten mit den tiefsten Löhnen lässt der aktuell reichste Mann der Welt eine Prämie von 1500 Euro überweisen. Schließlich hat sein Luxuskonzern LVMH im abgelaufenen Jahr einen Umsatz von 80 Milliarden Euro und einen Reingewinn von 14 Milliarden eingefahren.

 

Trotzdem bleibt Arnault bei den Mitarbeiter-Boni hinter dem Konkurrenten Hermès zurück. Dessen Geschäft mit Lederwaren, Foulards (Seidentücher) und Handtaschen lief 2022 so gut wie nie: Der Umsatz kletterte auf 11,6 Milliarden Euro, der Reingewinn auf 3,4 Milliarden. Der operative Gewinn erlaubt eine Marge von 41 Prozent, von der andere Wirtschaftssektoren nur träumen können. Hermès entrichtet deshalb auf Ende des Monats eine Prämie von 4000 Euro an seine knapp 20 000 Angestellten.

Insgesamt 17 Monatsgehälter

Im vergangenen Jahr hatte die Pariser Edeladresse schon eine Lohnaufbesserung von sechs Prozent sowie sporadische Zuschläge von je 100 Euro gewährt. Mit anderen Beteiligungsprämien kämen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insgesamt auf 17 Monatssaläre, rechnete Hermès-Direktor Axel Dumas vor.

Der Trend zu generösen Mitarbeiterprämien ist nicht nur aus der Luxusbranche bekannt. In benachbarten Sektoren spendiert der Kosmetikkonzern L’Oréal seinen Angestellten 2000 Euro, der Autobauer Ferrari gar 13 000 Euro.

Die Pariser Luxusmarken schwimmen geradezu im Geld. Weder die Zunahme der Rohstoffpreise noch die von Peking verordnete Null Covid-Politik vermochte ihnen etwas anzuhaben. „Wir haben in unseren Läden in China 2022 keinen Verkaufsrückgang festgestellt“, erklärte Dumas lapidar. Der französische Luxuskonzern Kering, zu dem Namen wie Yves Saint-Laurent, Gucci oder Boucheron gehören, erwirtschaftete im letzten Jahr fast ein Drittel seines Umsatzes von 20,4 Milliarden Euro und seines Gewinns von 3,6 Milliarden in China. Sein Vorsitzender François-Henri Pinault staunte vergangene Woche selber, als er aus Schanghai zurückkehrte: „Es kam mir vor, als hätte es in China nie ein Virus gegeben.“

Was ist die „pricing power?“

Dass die bekanntesten Luxusmarken derzeit überdurchschnittlich gute Geschäfte machen, erklärt man sich in der Zunft nicht zuletzt mit ihrer „pricing power“, das heißt ihrer Fähigkeit, die Preise selbst zu bestimmen und sie sogar in Krisenzeiten zu erhöhen. Mit einem ausgetüftelten Marketing werde die Wunschhaltung der betuchten Kundschaft gesteigert, schreibt etwa das Pariser Fachinstitut Sup de Luxe. „Anders als bei klassischen Produkten sinkt die Nachfrage nach etablierten Luxusmarken in Krisenzeiten nicht. Je mehr die Preise steigen, desto mehr steigt die Nachfrage danach.“

Sichtbar wird dies derzeit bei den Handtaschen wie Birkin (von Hermès) oder Lady Dior (LVMH). Auch die 2.55 – von der nur Laien nicht wissen, dass es sich um eine Tasche von Chanel handelt – hat in den letzten Monaten eine Preissteigerung von 25 Prozent erfahren und kostet auf der Chanel-Webseite bald 10 000 Euro. Der Grund sind nur zu einem Bruchteil die gestiegenen Kosten für Leder.

Der reichste Mensch der Welt ist zuversichtlich

China macht Hoffnung. Bernard Arnault äußert sich zuversichtlich, dass China in diesem Jahr die Lokomotive des Luxusgeschäftes bleibt. Das Land brauche Wirtschaftswachstum, um über die Nachwehen der Pandemie zu kommen, meinte der LVMH-Chef bei der Präsentation des Betriebsergebnisses: „Die chinesischen Leader werden die nächste Zeit dazu nutzen, ihre Wirtschaft zu dynamisieren. Wir haben deshalb allen Grund, die Entwicklung des chinesischen Marktes vertrauensvoll, ja optimistisch zu verfolgen.“

Arnaults Finanzdirektor Jean-Jacques Guiony sagt, die Chinesen hätten aus der Covidzeit „unglaubliche Mengen an Ersparnissen“. Im Januar seien die chinesischen Kunden bereits zahlreicher gewesen als vor dem Covid-Ausbruch 2019.