Außenminister Heiko Maas (SPD) hat als erster deutscher Politik nach Ausbruch der Pandemie das Nachbarland Polen besucht. Dort hatte man aber vor allem Interesse an einem jungen Grünen namens Sarrazin.

Warschau - Trumps Schatten liegt über dem Besuch: Als Polens erster außenpolitischer Gast seit Beginn der Pandemie ist der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) von seinem Amtskollegen Jacek Czaputowicz am Dienstag in Warschau empfangen worden. Auf den beschlossenen Abzug von rund 10 000 US-Soldaten aus Deutschland wollte Maas dort nicht weiter eingehen, da ihm keine näheren Auskünfte vorliegen würden. Warschau hofft auf eine Erweiterung der US-Truppen in Polen, wo bislang 4500 amerikanische Soldaten stationiert sind.

 

Polen ist an einer starken Präsenz der US-Truppen gelegen. „Das fördert auch unsere Sicherheit. Das dient auch uns“, erklärte der polnische Außenminister. Erfreulicheres gab es zur Zukunft der EU zu sagen. Eine entscheidende Rolle würden Polen und Deutschland beim Erlangen eines Kompromisses in der EU spielen, sagte Maas. Der Außenminister äußerte sich zuversichtlich, was die Kooperation mit dem östlichen Nachbarn zum neuen Haushalt für den Finanzrahmen von 2021 bis Ende 2027 der EU betrifft. Polen ist von der Pandemie nicht so stark betroffen. Außerdem kann es nach jüngsten Vorschlägen der EU-Kommission mit Zuschlägen von drei Milliarden Euro für die Landwirtschaft rechnen.

Neben der Zukunft der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, während der Berlin die Digitalisierung der Wirtschaft in Europa ausbauen will, standen auch Fragen um die Bewältigung der gemeinsamen Vergangenheit an. Das „Polendenkmal“, das bald in Berlin-Mitte entstehen soll, begrüßte Czaputowicz als „gutes Zeichen“. Dabei seien jedoch noch Einzelheiten zu besprechen.

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Die Idee einer Erinnerungsstätte an polnische Opfer während der NS-Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg geht auf den 2015 verstorbenen polnischen Außenpolitiker und ehemaligen Auschwitz-Häftling Wladyslaw Bartoszewski zurück, doch über die Ausrichtung gab es lange Streit.

Das Deutsche Polen-Institut und die Stiftung „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ haben sich kürzlich auf einen Kompromiss geeinigt, der noch die Einwilligung der Parteien benötigt. Neben einem Denkmal für die polnischen Opfer soll auch ein Dokumentationszentrum über die deutsche Besatzungszeit in Europa von 1939 bis 1945 entstehen.

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Ein anderer deutscher Politiker stahl dem Sozialdemokraten Maas in Polen die Show: der Grünen-Osteuropa-Experte Manuel Sarrazin. Der Bundestagsabgeordnete war am Sonntag vorgeprescht. Sarrazin schlägt Fonds vor, die polnische Kriegsopfer und deren Angehörige unterstützen sowie Aufklärungsarbeit über deutsche Kriegsverbrechen finanzieren sollen. Deutschland lehnt bisher solche Zahlungen prinzipiell ab. Arkadiusz Mularczyk, der die Kommission zu den Reparationen leitet, begrüßte die Initiative: „Die Politiker der jungen Generation der BRD haben zugestanden, dass Polen Reparationen gezahlt werden sollen.“