Der unerbittliche Machtkampf zwischen gemäßigten und radikaleren Kräften in der Landes-AfD geht in die nächste Runde. Kurz nach den Sommerferien gibt es einen weiteren Parteitag.

Stuttgart - Mit einem Sonderparteitag, der voraussichtlich Ende September oder Anfang Oktober stattfindet, geht der Machtkampf in der baden-württembergischen AfD zwischen gemäßigten und radikaleren Kräften in die nächste Runde. Nach Informationen unserer Zeitung bereiten derzeit fünf AfD-Kreisvorstände den Antrag vor, einen außerordentlichen Landesparteitag einzuberufen. Treibende Kraft dahinter soll Dirk Spaniel sein, der gemeinsam mit AfD-Landtagsfraktionschef Bernd Gögel an der Spitze der Landespartei steht. Es ist bereits der zweite Antrag der fünf Kreisvorstände binnen weniger Wochen – den ersten hatte der Landesvorstand abgelehnt, da er den formalen Anforderungen der Landessatzung nicht genügte.

 

Laut Satzung muss der Vorstand die Parteibasis „unverzüglich“ zusammenrufen, wenn mindestens fünf Kreisvorstände dies fordern. 2019 gab es bereits zwei Parteitage der Landes-AfD. Ende Februar wurde in Heidenheim turnusgemäß ein neuer Landesvorstand gewählt, wobei gemäßigte und radikalere Kräfte sich einen heftigen Schlagabtausch lieferten. Die Radikaleren in der AfD, von denen viele der völkisch-nationalen Gruppierung „Der Flügel“ angehören, fanden sich in der Folge nicht damit ab, dass ihre Vertreter bei den Vorstandswahlen ausnahmslos scheiterten. Einzig Spaniel schaffte es mit Unterstützung der radikaleren Kräfte in das Spitzengremium. Der frühere Daimler-Manager gehörte allerdings ursprünglich einmal zu den gemäßigten Kräften in der AfD.

Schwere Kämpfe zwischen Realos und Fundis

Beim Parteitag Anfang Juni in Pforzheim scheiterten die radikaleren Kräfte mit ihrem Versuch, den gerade erst gewählten Landesvorstand zu sprengen. Ursprünglich sollten in der Goldstadt lediglich weitere Beisitzer für den Vorstand bestimmt werden, weil die Zeit dafür in Heidenheim nicht mehr gereicht hatte. Plötzlich standen die Abwahl des gesamten Vorstands sowie Abwahlanträge gegen Spaniel und seinen einzigen Verbündeten in dem Spitzengremium, Schatzmeister Frank Kral, im Raum. Die Mitglieder sprachen sich dagegen aus und verdammten den heillos zerstrittenen Vorstand zur weiteren Zusammenarbeit. Als Beisitzer wurde Rainer Balzer gewählt, der ebenfalls zum gemäßigten Lager zählt.

In der AfD wird seit Monaten schmutzige Wäsche gewaschen. Die gemäßigten Kräfte um Gögel werfen Spaniel und Kral vor, die Macht im Landesverband übernehmen zu wollen, insbesondere durch eine Säuberung der Landesgeschäftsstelle. Spaniel und Kral werfen der Vorstandsmehrheit Vettern- und Misswirtschaft vor. Eine Rolle spielt auch die Frage, wer innerhalb der AfD dafür sorgte, dass die Parteispendenaffäre um Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel und deren Kreisverband Bodensee öffentlich wurde.

Die Auseinandersetzung ähnelt den Kämpfen zwischen Realos und Fundis, die lange Zeit die Grünen lähmten. In einem Schreiben an die AfD-Kreisvorstände wirft Spaniel den Gemäßigten vor, an die Fleischtöpfe der Macht zu drängen und deshalb mit CDU und CSU koalieren zu wollen. Dies stelle einen Verrat an den Ideen der AfD dar. Das Schreiben erinnert an Äußerungen Björn Höckes. Der Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef, Vordenker der völkisch-nationalen Kräfte, teilt die Mitglieder in „Halbe“ und „Ganze“ ein. Spaniel dagegen spricht von „Leichten“ und „Bewahrern“. Am 20. Juli steht nun zunächst ein Treffen der AfD-Kreisvorsitzenden an. Mit einer Beruhigung im parteiinternen Machtkampf ist dort kaum zu rechnen.