Wir wollen wissen, welche Unternehmen auf der Filderebene beheimatet sind. Heute in „Made auf den Fildern“: Ferdinand Gross aus Leinfelden. Die Firma ist mehr als nur Schraubenhändler. Das Unternehmen übernimmt den Einkauf seiner Kunden.

Leinfelden - Sein Unternehmen werde oft völlig falsch eingeschätzt. Also stellt Thomas Erb, der Geschäftsführer von Ferdinand Gross, zu solchen und ähnlichen Anlässen immer wieder dieselbe Frage: „Was, glauben Sie, machen wir eigentlich?“ Wer jetzt irgendwas mit Schrauben antwortet, ist in Erbs Falle getappt, und genüsslich erklärt er mit Worten, was Augen viel schneller erfassen. Denn nebenan, in der Logistikhalle, durchschneiden Laufbänder die Luft, surren Roboter zwischen haushohen Regalen, flimmern Daten über Bildschirme, schweben Pakete über den Köpfen der Angestellten. Das Herz von Ferdinand Gross sieht aus wie die Kopie eines Paketumschlagplatzes des Online-Großhändlers Amazon, und das mitten in Leinfelden. Nur eben, dass statt Büchern Schrauben verschickt werden.

 

Die Firma durchstand zwei Weltkriege

Das Herz von Gross schlägt gleichsam im Takt des Kanban. Als das Unternehmen vor mehr als 150 Jahren gegründet wurde, kannte man dieses erst viel später vom Automobilbauer Toyota eingeführte Konzept freilich noch längst nicht. Die einstige Eisenwarenhandlung in der Stuttgarter Innenstadt prosperierte, wuchs, durchstand zwei Weltkriege, und verkauft heute von Leinfelden aus täglich rund 50 Tonnen Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben, Kugellager, Klemmen und andere Kleinteile. Wobei das Wort Kleinteil durchaus irreführend sein kann, denn die Schrauben, mit denen die Deutsche Bahn die Laufräder ihrer Züge befestigt, sind mitunter so groß wie die Unterarme von Kindern.

Das Unternehmen hat 15 000 Kunden,einen Jahresumsatz von 80 Millionen Euro und beschäftigt 250 Mitarbeiter. So ist Gross der Alleinlieferant für die Bahn und belieferte sie 2016 mit 80 Millionen Einzelteilen.

Früher lag viel totes Kapital im Regal

Kanban also, oder die Kunst der schlanken Fertigung. Früher kauften die Kunden von Gross eine Schütte voller Schrauben und stellten sie ins Regal. War die Schütte nach einigen Wochen oder Monaten leer, wurde nachbestellt. Da lag also viel totes Kapital im Regal, das anderswo besser investiert gewesen wäre. Zudem musste jemand, ganz klassisch, mit dem Klemmbrett in der Hand Inventur machen und rechtzeitig eine neue Bestellung aufgeben. Inzwischen sind aus der einen großen Schütten viele kleine geworden, jede versehen mit einem aufgeklebten Code. Ist eine davon leer, erkennt das ein intelligentes Regal beim Kunden und bestellt vollautomatisch eine neue Ladung. Der Vorrat beim Kunden reicht dann noch eben solang, wie es dauert, bis der Nachschub eintrifft.

Schrauben Gross übernimmt also de facto den Einkauf seiner Kunden einfach mal selbst. Und verspricht damit 70 Prozent weniger Kosten bei der Verwaltung. „Dahinter steckt eine gigantische Datenbank, die nie aufhört, sich zu entwickeln“, sagt Erb. Eine Truppe Programmierer kümmert sich ständig um die Verbesserung der Software. Vorstellbar, aber beinahe unmöglich, ist ein Totalausfall der Rechner. Dann nämlich stünden schon nach kürzester Zeit viele Bänder in der Republik still. Weshalb das Unternehmen neben einem Notstromaggregat auch gleich zwei getrennte Rechenzentren hat.