Nach der Trennung terrorisiert ein 55-Jähriger seine Ex-Freundin und bedroht sie mit dem Tod. Die 49-Jährige stürzt sich aus dem Fenster ihrer Wohnung, überlebt den Sturz schwer verletzt. Der Mann muss ins Gefängnis.

Magstadt - Trennungen scheint er schlecht zu verkraften. Immer wenn Freundinnen den 55-Jährigen verließen, terrorisierte er sie. So auch eine 49-Jährige aus Magstadt, die er im vergangenen Juni so sehr in Angst und Schrecken versetzte, dass sie aus einem Fenster ihrer Wohnung fast acht Meter in die Tiefe sprang und sich schwer verletzte. Gestern verhängte der Vorsitzende Richter vor dem Böblinger Schöffengericht eine Strafe von zwei Jahren und drei Monaten gegen den 55-Jährigen aus dem Kreis Rastatt.

 

Was sich in der Wohnung der 49-Jährigen am 13. Juni des vergangenen Jahres abgespielt hat, schildern die Frau und der Angeklagte in dem Prozess unterschiedlich. Es habe Sturm an ihrer Wohnungstür geläutet, berichtet die 49-Jährige vor Gericht. Weil sie glaubte, es sei der Sohn ihrer Vermieterin, habe sie die Tür geöffnet. Vor ihr aber stand ihr Ex-Partner, von dem sie sich nur wenige Wochen vorher getrennt hatte. Er habe sich in die Wohnung gedrängt, die Tür zugemacht und zu ihr gesagt: „Du hast mich ruiniert. Du kommst hier nicht mehr lebend raus, ich strangulier’ dich.“ Als die Magstadterin die Worte vor Gericht wiederholt, bricht ihre Stimme.

Weizenbierglas wird zur Waffe

Der Mann, mit dem sie etwa ein Jahr lang Tisch und Bett geteilt hatte, schlug nach ihren Schilderungen mit Fäusten auf sie ein, zerrte sie durch den Flur und stieß sie ins Wohnzimmer. Die Tür schloss er ab und steckte den Schlüssel ein. In dem offenen Wohn-Küchen-Bereich entdeckte er ein Weizenbierglas auf der Spüle. Er ergriff es, „schüttete mir das Wasser darin ins Gesicht, schlug das Glas am Wohnzimmertisch ab und stieß damit nach mir“, schildert die Zeugin das Geschehen. Als sie sah, dass er an der Hand blutete, sagte sie es ihm. Daraufhin ließ er von ihr ab und ging in die Küche. Sie öffnete ein Fenster und setzte sich auf den Fenstersims. Als der 55-Jährige sie am Rücken berührt habe, „bin ich gesprungen“, so die 49-Jährige, „weil ich Angst gehabt habe“.

Er habe mit seiner Ex-Freundin über deren Alkoholproblem reden wollen, sagt dagegen der 55-Jährige in dem Prozess. Er gibt zu, dass er die Wohnzimmertür abgeschlossen hat. Er habe sie allerdings nur zu einer Aussprache zwingen wollen. Als er das Weizenbierglas sah, habe er daran gerochen und es gegen die Dachschräge geworfen. „Der Scheißalkohol bringt uns noch alle um“, will er noch gesagt haben. Dann sei sie aus dem Fenster gesprungen. Er könne sich ihren Sprung nur mit ihren Alkoholproblemen oder mit ihren finanziellen Schwierigkeiten erklären, vielleicht habe sie aber auch Selbstmord begehen wollen. Darauf angesprochen, sagt die 49-Jährige: „Wenn ich mich hätte umbringen wollen, wäre ich nicht aus dem Fenster gesprungen.“ Dann fragt sie den Richter: „Warum sollte ich mich umbringen?“

Psychische und Alkoholprobleme haben beide – die 49-Jährige aus Magstadt und der 55-Jährige aus Durmersheim (Kreis Rastatt). Kennengelernt hatten sie sich vor zwei Jahren bei einer Entzugstherapie. Behandelt werden sie noch immer.

Frau bricht sich drei Wirbel, Steiß- und Brustbein

Bei dem Sprung aus 7,65 Metern Höhe brach sich die 49-Jährige drei Wirbel, das Steiß- und das Brustbein, auch erlitt sie eine Herzprellung. Dass sie aus Angst gesprungen war, gestand die Schwerverletzte erst einer Notärztin im Krankenhaus. Ihre Version des Tathergangs stützen eine Reihe von Zeugen, darunter der Sohn ihrer Vermieterin und Polizeibeamte. Auch die Spuren in der Wohnung der Frau legen dies nahe. Deshalb folgte der Vorsitzende Richter dem Antrag des Staatsanwalts, den Angeklagten wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten zu verurteilen. Er wollte damit „ein klares Zeichen setzen“. Denn der 55-Jährige hatte bereits in der Vergangenheit zwei weiteren Ex-Freundinnen mit dem Tod gedroht und ihnen mit Kurzmitteilungen auf ihre Mobiltelefone zugesetzt. Dafür war er schon verurteilt worden.