Malakoff Kowalski im Nord Suchen und Finden

Der Berliner Musiker Malakoff Kowalski, von dem der Sound zur Stuttgarter „Faust“-Inszenierung stammt, hat im Nord sein neues Klavier-Album vorgestellt – und dem Publikum einen eigenwilligen Konzertabend beschert.
Stuttgart - Still und schwarz liegt er da, der Bühnenraum des Nord, bis auf den Lichtkegel eines einzelnen Schweinwerfers, der die Flügeltasten erhellt. Die Sekunden rinnen wie Sirup, das Publikum wartet. Dann endlich betritt Malakoff Kowalski den Raum, setzt sich ans Instrument, kehrt den Blick nach innen – und spielt sein neues Album durch.
„My first Piano“ – zehn Stücke, die im Grunde ein einziges sind. Klavier-Meditationen, die Töne, Tonfolgen suchen, Motive finden, sie aus dem Blick verlieren, ein wenig umherwandern, wieder zu ihnen zurückkehren. Mal ins Dissonante ausscheren, kurz Mahler oder den von Malakoff Kowalski so verehrten Brahms zitieren, dann wieder eigene Wege gehen. Mollig, langsam, minimalistisch, manchmal mit einer gefährlichen Nähe zum Banalen. Klaviermusik, die nie virtuos ist, aber dennoch in den Bann zieht, weil sie unweigerlich die Filmrolle im Kopf in Gang setzt.
Für den Stuttgarter „Faust“ hat er den Sound gemacht
„Guten Abend“ sagt Malakoff Kowalski erst, als der erste Konzertteil zu Ende ist. Abrupt ist er vom Hocker aufgestanden, hat sich das Mikrofon gegriffen. Erzählt, wie ihm das Familienklavier aus Kindheitstagen wieder begegnet ist – seine persische Mutter ist Pianistin –, wie er es restaurieren ließ, nach Berlin holte und wie die Platte entstand. „My first Piano“ ist das vierte Studioalbum des in den USA geborenen, in Hamburg aufgewachsenen Musikers und Komponisten, der eigentlich Aram Pirmoradi heißt. Und dass er Stuttgart verbunden ist, weil er der Bühnenmusiker von Stephan Kimmigs „Faust“-Inszenierung ist. Dass er hier Veganer und Pfeifenraucher wurde, solche Geschichten. Der Mann hat eine eigenwillige Art, durch ein Konzert zu führen, aber sie hat Charme.
Er wird dann die Stunde noch füllen mit dem einen oder anderen Stück, das er für das Theater und zu Filmen geschrieben hat, und sein neuestes Werk, „Figura“, spielt er auch. Am Ende dann: „How I think of you“, eigentlich ein lockerflockiges Pop-Liedchen von seiner letzten Platte, aber Malakoff Kowalski singt es für sein Stuttgarter Publikum so, wie er für sich allein singt, wenn er nachts durch die Straßen der Stadt nach Hause geht, wie er sagt. Selten war eine Zugabe schlichter, berührender und so durchdrungen von inniger Liebe zur Musik.
Unsere Empfehlung für Sie

Die Waggons am Nordbahnhof sollen weg Keine Räume mehr?
Die Deutsche Bahn AG hat den Waggons am Nordbahnhof gekündigt: Gibt es noch Zukunft für die freie Szene in der Stadt?

Ein Jahr Corona-Kultur-Lockdown Bleibt Stuttgart die deutsche Kulturhauptstadt?
Vor einem Jahr mussten alle Kultureinrichtungen Stuttgarts von einem Tag zum anderen ihre Pforten schließen. Seitdem beherrscht Corona die Szene. Wie viel Kultur der Landeshauptstadt wird der Pandemie zum Opfer fallen?

60 Jahre Stuttgarter Ballett Jürgen Rose erinnert sich: Als Cranko Zeichnungen zerriss
60 Jahre Stuttgarter Ballettwunder! Wir haben im Archiv nach Erinnerungen gesucht und eine Interview-Serie mit Weggefährten John Crankos gefunden – unter den Gesprächspartnern war auch der Bühnenbildner Jürgen Rose.

Coronavirus und Theater Theaterschauspieler müssen weiter bangen
Ein Großteil der Theaterschauspieler, die sich von Engagement zu Engagement hangeln, haben keine Coronahilfe erhalten. Die Bundesregierung will den Zugang zu den Hilfen für Künstler vereinfachen. Dennoch könnten Schauspieler wieder leer ausgehen.

Ulrich Tukur spielt Tatort-Kommissar „Es gibt so viel Larifari auf den Kanälen“
Am Beginn seiner Karriere war der Schauspieler Ulrich Tukur vor allem auf der Theaterbühne zu erleben. Heutzutage ist der 63-Jährige regelmäßig im Fernsehen zu sehen. Beinahe 20 Jahre hat er in Venedig gelebt, vor einiger Zeit hat es ihn nach Berlin gezogen.

Gesprächsreihe „Just Fashion“ Was macht Mode mit uns?
Mode ist überall: Unter dem Titel „Just Fashion“ lädt die Diskursreihe der Stuttgarter Theater junge Leute am Sonntag ein, darüber nachzudenken.