Angela Hertz-Eichenrode ist dort angekommen, wo es ihr gefällt: im Maler-Nationalteam und als erfolgreiche Frau in einem Handwerksbetrieb. Negativ-Image? Da kann sie nur den Kopf schütteln.

Stuttgart - Immer weniger junge Leute sind bereit, eine duale Ausbildung zu machen“, sagt Felix Winkler, der Leiter der Schule für Farbe und Gestaltung in Feuerbach, „Maler haben ein schlechtes Image, bei uns ist der Rückgang jährlich spürbar.“ Die Berufsschüler füllen dort nur noch drei statt vier Klassen, bei der Sonderberufsschule Bau- und Metallmaler sei die Klassenzahl gar von fünf auf eine geschrumpft. Prognosen sähen für den Malerberuf in den nächsten zehn Jahren einen weiteren Rückgang um bis zu 40 Prozent voraus. Angela Hertz-Eichenrode steht diesem Trend entgegen. Die 21-jährige Malermeisterin und Stuttgarter Absolventin fürchtet weder Dreck noch Farbe.

 

Aufgrund ihres Sieges beim Bundesleistungswettbewerb 2012 tritt sie inzwischen als Botschafterin im Maler-Nationalteam auf. Bei dem diesjährigen Bundesleistungswettbewerb in der Feuerbacher Schule konnte sie drei neue Bundessieger im Nationalteam begrüßen: Johann Seifert (Sachsen), Nathalie Herwig (Hessen) und Christian van Baal (Nordrhein-Westfalen). Zuvor hatten die sich mit acht weiteren Teilnehmern zwei Tage lang bemüht, folgenden Slogan auf ihre eigene, handwerkliche Weise umzusetzen: „Ich streiche nicht – ich bring Farbe ins Leben.“

Als einzige Frau im Malerbetrieb

Dass das Handwerk mit Wettbewerben wie diesem seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellt, findet Angela Hertz-Eichenrode durchaus wichtig: „Hey, guckt, auch im Malerhandwerk kann man viel erreichen“, sagte sie vor kurzem. Die 21-Jährige legte sich schon nach der Mittleren Reife fest: „Es war klar – keine Schule mehr.“ Die Idee mit dem Malerhandwerk sei von ihrem Vater gekommen. Bei mehreren Praktika habe sie erst Gefallen an diesem Beruf und dann sogleich ihren Lehrbetrieb gefunden, berichtet Angela Hertz-Eichenrode. Bei diesem Betrieb arbeitet sie inzwischen als Meisterin und als einzige Frau: es ist die Firma Baur in Donaueschingen.

„Man sieht, was man gearbeitet hat – das motiviert“

Weshalb sie ihren Beruf mag? „Man sieht am Ende des Tages, was man gearbeitet hat – das motiviert.“ Auch der Kundenkontakt gefalle ihr: „Rauszukitzeln, was die wollen“, lautet ein Ziel. Die Arbeit sei abwechslungsreich – „es ist ja auch ganz viel Kreatives dabei“. Natürlich sei Handwerk auch körperliche Arbeit und oft mühselig, räumt sie ein. „Klar, man wird dreckig, hat Farbe an den Fingern.“ Bei fünf Grad im Winter an der Fassade zu arbeiten, müsse man aushalten. Manche Kunden seien überrascht, dass eine Frau komme, und fragten schon mal: „Kannst du das, hast du überhaupt die Kraft?“ Aber viele hätten Respekt, auch ihre männlichen Kollegen.

Trotzdem kann Angela Hertz-Eichenrode nachvollziehen, dass viele junge Leute lieber in die Industrie gingen, wo es mehr Geld gebe. „Bei uns sind es knapp 300 Euro im ersten Lehrjahr, das schreckt schon viele ab“, meint sie. Doch die Meisterschule biete auch im Handwerk die Chance aufzusteigen und Karriere zu machen.

Schulleiter kämpft gegen das Negativimage des Handwerks

Bei einem Festakt erklärte Schulleiter Win- kler, das negative Image hafte dem Malerhandwerk zu Unrecht an, wie die sichtbaren Leistungen zeigten. Auch Claudia Rugart, die Schulpräsidentin im Regierungspräsidium, hielt ein Plädoyer für die duale Ausbildung und das Handwerk, das eben keine Produkte von der Stange schaffe, sondern von Inspiration, Gestaltungskraft und der Bereitschaft geprägt sei, sich auf den Kunden einzustellen. „Es gibt einen großen Bedarf an leidenschaftlichen Handwerkern“, sagte Rugart. Das Handwerk sei attraktiv und schaffe Zufriedenheit, nur müsse man dies den jungen Leuten vor der Berufswahl stärker erlebbar machen.

Schulbürgermeisterin setzt weiter auf duale Ausbildung

Auch Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann berichtete: „Der Hang zum Handwerk geht leider zurück.“ Dies liege auch an den veränderten Berufsbildern. „Wir wollen die duale Ausbildung aber wettbewerbsfähig halten und müssen dafür Rahmenbedingungen schaffen“, sagte sie. Dabei gehe es nicht nur um Gesichtspunkte der Bildung, sondern auch um jene des Wirtschaftsstandorts.

Wie berichtet, will die Stadt ihre 22 beruflichen Schulen in Stuttgart neu sortieren und bündeln. Der Entwicklungsplan wird derzeit beraten. Um die Schule für Farbe und Gestaltung zu stärken, schlägt die Stadt vor, dass künftig die Lacklaboranten der Kerschensteinerschule nach Feuerbach kommen sollen. Winkler regt an, über neue Berufsbezeichnungen nachzudenken.