Willkommen im Dschungel! Das Malo beim Rathaus erinnert an das Amazonienhaus der Wilhelma. Am Freitagabend gab’s viel Lob zur Eröffnung, unter anderem von OB Frank Nopper. Mit dem Bona’me ist ein weiteres Gastro-Konzept der Zukunft gestartet.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Lange Zeit waren die Zentren von Großstädten Irrgärten aus Beton und Auffangstationen von Feinstaub. Die Baustellendichte von Stuttgart ist so groß, dass daraus ein Alleinstellungsmerkmal wird. Wer mit seinem individuellen Verkehrsmittel unterwegs ist, muss sich höllisch konzentrieren, um Verzweigungen mitten auf einer Bundesstraße zu treffen, um im Schilderlabyrinth die Durchfahrt zu finden. Im Kessel sind viele genervt von Dauerstau, von dicker Luft, sie reagieren gereizt. Der Großstadtdschungel aus Asphalt und Hektik macht das Leben schwer – doch jetzt gibt’s einen Großstadtdschungel, der guttut. Dieser Dschungel heißt Malo und ist eine Oase.

 

Unter den Gästen der Eröffnung war die Familie Nopper

Malo ist eine Insel im Südpazifik. Malo ist auch die Abkürzung für zwei Vornamen. Matthias, 58, und Lorenz Grohe, 23, Vater und Sohn, haben am Freitagabend ihr Restaurant Malo eröffnet, wenige Schritte vom Rathaus entfernt, dort, wo sich einst die Rathausgarage befand. Ein Dschungelcamp auf 800 Quadratmetern sowie mit Außenplätzen in den Arkaden lockt (für die bisher die Genehmigung fehlt), mit Pflanzen, Mooswänden und einem Urwaldfeeling. Dazu gibt’s eine Lounge und einen Raucherbereich. Es gab viel Lob zum Start. „Malo ist das schönste Restaurant Deutschlands“, war zu hören. Unter den Gästen der Eröffnungsfeier: OB Frank Nopper mit seiner Frau Gudrun Nopper und seinen beiden Söhnen, Ex-Fußballer Timo Hildebrand, Schönheitschirurg Christian Fitz, Stelp-Akivist Serkan Eren, Cavos-Wirt Hiki Shikano, Architekt Marc Mir u.v.a.

Auf der „Influencer-Schaukel“ entstehen Fotos für die sozialen Medien

Die grün bewachsenen Wände werden automatisch bewässert. Alles andere wird mit Hand gegossen. Weil es sich um Hydrokultur handelt, sind die Gießabstände groß.

Wasserhähne liegen in den Genen der Grohes: Hans Grohe, der Urgroßvater, hat 1901 die Sanitärfirma Hansgrohe gegründet. Begehrt im neuen Lokal ist gleich zum Start die „Influencer-Schaukel“, die sich auf dem Weg zu den Toiletten befindet. Hier können Selfies vor dem Wildwuchs grüner Blätter gemacht werden. „Man muss ja den Wunsch nach schönen Fotos für die sozialen Medien erfüllen“, sagt Lorenz Grohe.

Ratskeller soll am 4. November eröffnet werden

Mit innovativen Ideen geht’s gut gelaunt raus aus den Fesseln der Pandemie. Das Quartier rund ums Rathaus lebt auf. Das Designhotel Emilu und die Bar der Tatti-Macher darin, das Gian Paolo & Marco, sind bereits geöffnet, auch das Cotidiano im Breuninger. In Kürze folgt der Ratskeller, der nach dem Umbau heller und schöner wird, ein echtes Schmuckstück. „Wir werden aller Voraussicht nach am 4. November eröffnen“, sagt der Brauerei-Chef Colin Dinkelacker.

„Wenn der Marktplatz fertig ist, die Außengastro dort startet, haben wir ein echt tolles Zentrum von Stuttgart“, sagt Matthias Grohe, der frühere Marquardt-Chef, und freut sich, dass er Teil des Aufbruchs ist. Was man „Deutschlands hässlichsten Marktplatz“ genannt hat, werde zum In-Viertel. Malo-Küchenchef Markus Hespeler, der zuvor bei Feinkost Böhm und Relish X Gaiser am Herd stand, setzt auf regionale und nachhaltige Kost.

„Wir haben keine Gäste, sondern Fans“

Nicht nur das Malo beweist, dass Krisen Chancen bieten. Im Stuttgarter Westen ist im früheren Vapiano an der Schlossstraße das auf andere Weise innovative Bona’me mit gehobener Küche des Orients gestartet – und mit einer digitalen Technik, wie man sie in dieser Ausprägung bisher in dieser Stadt noch nicht kennt. Dass mit Codekarte bestellt wird, ist in der Systemgastronomie nicht neu. Das Restaurant der kurdischen Familie Dogan aus Köln hat das Prinzip aber weiterentwickelt. An Bildschirmen vor der offenen Küche surft man durch die Karte, sieht schöne Fotos der Speisen und bestellt, indem man aufs Gewünschte drückt. Ein Rufgerät wird beim Drauflegen programmiert. Man geht zurück auf den Platz. Wenn’s vibriert, ist etwa das gebratene Gemüse auf Fladenbrot fertig, das man sich selbst abholt.

„Wir haben keine Gäste, sondern Fans!“ So erklärt Yasemin Dogan von der Gründerfamilie den Erfolg von Bona’me. Stuttgart ist die siebte Stadt der Gastrokette. Döner gibt’s hier nicht. Döner ist Streetfood – und damit in einem anspruchsvollen Restaurant mit kurdischen und türkischen Spezialitäten nicht vorgesehen. 400 Gäste, darunter Sängerin Cassandra Steen, die Ex-Fußballprofis Kevin Kurányi und Timo Hildebrand sowie der Musiker Yonii, haben bei einer „Influencer-Party“ Pide, Köfte, Meze, Makarna und andere frische Köstlichkeiten genossen.

Fast die gesamte Großfamilie Dogan ist zum Feiern angereist, inklusive Kinder und Schwiegermütter. „Bei uns fliegen regelmäßig die Fetzen“, gesteht Yasmine Dogan, die sich als „Nummer drei“ vorstellt (sie ist die Drittgeborene der Dogans), „aber wir halten wie eine Eins zusammen.“ Die Leidenschaft für gutes Essen und für Gastfreundschaft verbinde sie mit ihren drei Geschwistern sowie den fünf Kindern der nächsten Generation, die bereits mitarbeiten.

„Stuttgart steht für Offenheit“

Die „Nummer drei“ hat Politik studiert – und ist dort gelandet, „wo man viel Politik“ macht, also in der Gastronomie. Bona’me heißt „unser Haus“ auf Kurdisch. Wie im Wohnzimmer von Freunden soll man sich fühlen. Vor 13 Jahren hat die Migrantenfamilie im Kölner Rheinau-Hafen ihr erstes Restaurant eröffnet. Auf Stuttgart folgen Frankfurt und Amsterdam. An den Wänden hängen Bilder der Vorfahren. „Wir wollen zeigen, wo wir herkommen“, unterstreicht Yasemin Dogan. In den 60ern zog der Vater aus Anatolien zum Arbeiten nach Deutschland. Er habe es „nicht leicht gehabt“, aber die Kinder sind „dankbar für unser Leben in Deutschland“. Jeder wisse, dass Liebe durch den Magen geht – dies gelte auch für die Freundschaft der Völker. Streit zwischen Türken und Kurden kennt man im Bona’me nicht.

Wer auf der Gästeliste beim „Pre-Opening“ steht? Stuttgarter Influencer, na klar! Viele von ihnen tanzen. Es ist, als feiere eine große Familie. Die Gastgeber sind begeistert von der tollen Stimmung. Hüseyin Dogan strahlt: „Stuttgart steht für Offenheit!“