Auf den maltesischen Inseln Malta und Gozo finden Kultur und Natur auf unverwechselbare Weise zusammen.

Valletta - Sie will Kultur, er will seine Ruhe. Sie will Kirchen, altes Gemäuer, eine fremde Sprache, fremdes Essen, Exotik, Abenteuer. Vielleicht abends noch ein bisschen Party. Er will erst ein bisschen abhängen, dann aktiv sein: wandern, mountainbiken, schnorcheln. Er will essen, was er kennt. Und er will die Menschen verstehen, in deren Land er Urlaub macht. Wohin schicken wir bloß dieses schwierige Paar, das sich nach ein, zwei Wochen gemeinsamer Ferien sehnt? Versuchen wir es doch mal im Mittelmeer. Dort, wo noch Europa ist, aber Afrika vor der Haustür, wo Sizilien nur 90 Kilometer entfernt ist und Tunesien 290. Die maltesischen Inseln, das kleinste Mitgliedsland der Europäischen Union, wären einen Versuch wert, denn nirgendwo sonst liegt auf nur 316 Quadratkilometern (Malta ist achtmal so klein wie Luxemburg) so viel Unterschiedliches so dicht nebeneinander wie hier.

 


Gozos Hauptstadt Victoria gleicht einem besseren Dorf

Das beginnt mit der Bevölkerungsdichte, die mit fast 400 000 Einwohnern auf der Hauptinsel in etwa derjenigen des Ruhrgebiets entspricht, während Gozo nebenan nur dünn besiedelt ist. Entsprechend gleicht Gozos Hauptstadt Victoria einem besseren Dorf, während Maltas Hauptstadt Valletta aus allen Nähten quillt. In der Zeit, die man braucht, um sich mit dem Auto durch die Staus auf Vallettas Hauptstraßen zu quälen, könnte man locker die ganze Insel durchqueren. „Auf Malta fährt jeder zum Essen nach Hause“, sagt der international gefeierte maltesische Tenor Joseph Calleja - und kokettiert anschließend ein bisschen mit der Feststellung, dass man ihm dies leider auch ein wenig ansehe.


Beim Fahren muss man allerdings die linke Straßenseite benutzen: eine Erinnerung an die gut eineinhalb Jahrhunderte, in denen die Briten bis 1964 die karge Insel - die von ihren Einwohnern ebenso schlicht wie liebevoll nur als „the rock“, „der Fels“, bezeichnet wird - vor allem aus militärstrategischen Gründen als Kronkolonie hielten. Bodenschätze gibt es auf Malta nicht, die Erträge aus Landwirtschaft und Fischerei sind mager, und selbst das Trinkwasser muss aus Meerwasser-Entsalzungsanlagen gewonnen werden. Für die Briten waren die großen Häfen wichtig, und die großen Hafenanlagen sind es vor allem, die - zusammen mit den vielen wilden Chrysanthemen - noch heute das Bild der Küste prägen. Die wenigen Strände, die es gibt, sind klein, und Traumstrände sind nicht darunter. Wenn die Malteser selbst ans Meer gehen, dann legen sie ihre Handtücher vor allem auf Steine. Auch die englische Sprache ist ein Relikt aus der Kolonialzeit. Auf den maltesischen Inseln spricht sie fast jeder. Aber nur fast, denn die erste offizielle Landessprache ist Malti, eine Mischung aus arabischen und lateinischen Elementen.


Kultur, das ist Malta; Natur, das ist Gozo

Auch in der Küche hat das Arabische seine Spuren hinterlassen: in der Würzung und der Zusammenstellung der Speisen, aber auch in der Tatsache, dass vieles auf kleinen Tellern serviert wird. Allein die herzhaften maltesischen Pastizzi, bunt gefüllte Blätterteigröllchen, sind köstliche Wundertüten. Wundervoll schmecken auch die Bohnencreme Bigalla oder Imalet, ausgebackene Teigtaschen mit Feigenfüllung. Der Rest ist Mittelmeerküche - manchmal auch Fish and Chips. Die Mischung macht’s. Stark verkürzt kann man sagen: Kultur, das ist Malta; Natur, das ist Gozo. Die Fähre zwischen den Welten braucht 25 Minuten. Wer Kontraste liebt, kann nur hoffen, dass die geplante Brücke zwischen den Inseln noch lange nicht gebaut wird. So kann man gemächlich hin- und herpendeln zwischen zwei getrennten Welten, kann Vallettas höchsten Turm, das 24-stöckige Hilton-Hotel, kann den verbauten Stadt-Moloch der ineinandergewachsenen Städte Valletta, Vittoriosa und Senglea ebenso hinter sich lassen wie die mittelalterlichen Gassen der maltesischen Hauptstadt, die gerade für das Kulturhauptstadtjahr 2018 schick saniert werden.


Kultur auf Malta: Das beginnt mit Megalith-Tempeln, die ein Jahrtausend vor den ägyptischen Pyramiden entstanden, das setzt sich fort bei baulichen und künstlerischen Relikten aus den Zeiten der Phönizier, der Römer, der Araber und (vor allem) des prägenden Ordens der Johanniter-, später der Malteserritter. Wer möchte, kann auch die Leidenschaft der Maltester für Feuerwerk noch als regionale Kultur sehen. Ihr arbeiten nicht weniger als 30 kleine Feuerwerksfabriken zu, und an einem Wochenende im Jahr messen diese oft familiär und ehrenamtlich organisierten Betriebe ihre Kräfte bei einem gigantischen Wettbewerbsfestival. Malta ist ein kultureller Overkill, der - unter vielem anderen - in einem umwerfenden Gemälde Caravaggios gipfelt: „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ mit seinem feinen Licht- und Schattenspiel ist in einer Seitenkapelle der prächtigsten Kirche Maltas, St. Johns Co-Cathedral, zu besichtigen. Für die Natur, die es natürlich auch auf Malta gibt, stehen Orte wie die Blaue Grotte im Süden der Insel, die nur per Boot zu erreichen ist.


All-inclusive-Hotels findet man in Gozo nirgends

Und für die Natur stehen auch Menschen wie etwa der Olivenbauer Sam Cremona. „Für uns ist Olivenöl nicht nur ein Nahrungsmittel, sondern vor allem ein Gesundheitsprodukt“, sagt Cremona, und wenn man sein handgepresstes feines Öl aus ökologischer Produktion probiert, dann spürt man ein pfeffriges Bitzeln auf der Zunge: ein unvergesslicher Geschmack. Die Trennung der ursprünglich einen Insel in drei ist dem Anstieg des Meeresspiegels im Pleistozän zu verdanken. So wurde Gozo, was es heute ist: ein abgetrennter Ort der Ruhe. 14 kleine Örtchen gibt es dort, 45 Kirchen - und 148 (römisch-katholische) Pfarrer. All-inclusive-Hotels findet man hier nirgends, dafür viele Individualtouristen: Wanderer, Taucher, Mountainbiker. Auch wenn es ganz kulturlos hier nicht zugeht. Schließlich bietet Vittoria seinen 6000 Einwohnern zwei Opernhäuser - die einander sogar noch gegenüberliegen.


Der Rest aber ist Landschaft: wellig, grün, auf dem Hochplateau im Inselinneren sanft, an den Küsten schroff. Wer dort wandert, kommt an bizarren Felsformationen ebenso vorbei wie an flachen Becken, die am Ufer in den Stein gehauen wurden, um so das spritzende Wasser auffangen und entsalzen zu können. Die Wege winden sich durch Wiesen, die im Frühling übersät sind mit wilden Blüten. Gozo, das sind 14 mal 15 Kilometer für die Seele. Und was ist nun mit unserem Pärchen? Sollte es sich für Malta entscheiden, dann könnten womöglich beide Partner glücklich werden: mit Kultur und Natur, Aktivitäten und Ruhe, Europa und Afrika, Bekanntem und Unbekanntem. Wie hatte doch der Tenor Joseph Calleja seine Heimat so schön angepriesen: „Die Kombination auf Malta ist einzigartig. Hier gibt es Geschichte, Architektur, Kultur, Menschen, Mehrsprachigkeit, eine gute Verkehrsanbindung. Und lauter nette Menschen.“

Infos zu Malta und Gozo

Malta und Gozo


Anreise

Air Malta ( www.airmalta.com ) und Lufthansa ( www.lufthansa.com ) fliegen nonstop ab München und Frankfurt.
Preise: beide ab ca. 260 Euro.


Unterkunft

Malta: Dolmen Resort Qawra (bei Valletta), DZ p. P. ab 39 Euro ( www.dolmen.com.mt )
Gozo: Calypso Hotel Marsalforn, DZ p. P. ab ca. 50 Euro ( www.hotelcalypsogozo.com )
Pauschalreisen gibt es bei FTI (im Herbst kosten fünf Tage all-inclusive p. P. im DZ einschl. Flug zwischen 250 und 500 Euro, www.fti.de ) und Tui (im Herbst gibt es fünf Tage all-inclusive im DZ p. P. einschl. Flug ab 450 Euro, www.tui.com )


Allgemeine Informationen

Unter www.visitmalta.com und beim Fremdenverkehrsbüro Malta, Schillerstraße 30-40, 60313 Frankfurt, Telefon 069 / 28 58 90.


Sehenswürdigkeiten

Im Mai ist das große Feuerwerksfestival ein echtes Erlebnis.
Ansonsten: Caravaggios Gemälde „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ in St. John’s Co-Cathedral (Valletta) und die unterirdische Höhle (Hypogäum) in Paola.


Was Sie tun und lassen sollten

Auf jeden Fall Wanderschuhe und Rucksack mitnehmen. Auf keinen Fall auf Malta mit einem Strandurlaub rechnen. Wer das machen will, wird enttäuscht sein - und verpasst das Schönste.